Eine der häufigsten Fragen in Trainings ist die nach den Handlungsmöglichkeiten in schwierigen bzw. konflikthaften Situationen. Es gibt zwar keine Standardrezeptur, und auf die Frage nach Tricks und Kniffen lautet die Antwort, dass diese nur so lange funktionieren, bis sie durchschaut werden, was problematische Situationen dann noch schwieriger macht. Ein kurzer Satz hilft jedoch wirklich weiter: »Keine Lösung ist auch eine Lösung.« Das klingt zunächst banal, ist aber von großer Tragweite. Denn Moderatoren können nur »bei sich« bleiben. Sie können Verantwortung für den Prozess, die Regeln, der Verlauf ausüben, niemals aber für die Ergebnisse. Wenn Moderationsprozesse schief laufen, kommen die Beteiligten nicht selten zu dem Schluss, dass es an der Moderation gelegen hätte. Das ist manchmal sicher nicht falsch. in vielen Fällen ist es jedoch nichts anderes als ein Abwehrmechanismus – indem ich die Schuld bei der Moderation suche, muss ich mir nicht eingestehen, dass ich vielleicht (bewusst oder weniger bewusst) gar nicht an einer Lösung interessiert bin.
Wenn es im Verlauf einer Moderation zu Störungen kommt, haben Moderatoren nur zwei Antennen – ihre Emotionen und ihre Intuition. Es ist zunächst ganz einfach: Wenn es Störungen gibt, dann merkt man das. Und dann hat man nur die Möglichkeit, dies zu benennen und nach den Sichtweisen zu fragen. Denn ansonsten verläuft der Moderationsprozess – wie übrigens die allermeisten Besprechungen in Unternehmen und Organisationen (Argyris 2004) – auf zwei Ebenen: Auf der offiziellen Ebene wird »gute Miene gemacht«, und auf der inoffiziellen, verdeckten Ebene geht es um Gewinnen und Verlieren. Man sagt, man sei an konstruktiven Ergebnissen interessiert und tue alles dafür, unbewusst rückt man aber nicht von den eigenen Standpunkten ab, sondern versucht, die anderen zu überreden oder sogar zu besiegen.
Den hier angesprochenen Grundsatz »Störungen haben Vorrang!« können Moderatoren wohl am besten mit einer Mischung aus wertschätzener Beharrlichkeit und klugem Nachfragen in die Praxis umsetzen. Das ist leichter gesagt als getan, denn Irritationen zu benennen und danach zu fragen unterliegt je nach Kultur und Alter der Gruppe ggf. starken Beschränkungen oder sogar Tabus. Dennoch hat man im Angesicht starker Störungen keine andere Wahl – man kann nur zum Ausdruck bringen, was man bemerkt, beobachtet, fühlt. Wird dies wertschätzend und bei der Sache bleibend getan und kann man die Unsicherheit ertragen, die es bedeutet, Gruppen dabei zu helfen anstelle scheinbar offener Gespräche wirklich offene Gespräche zu führen (Argyris 2004), stehen die Chancen gut, dass sich langsam, aber sicher die konstruktiven Kräfte hervorwagen.