Wir haben gemeinsam mit den Marktforschern von MAS Partners und der Kommunikationsagentur KOCMOC eine für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen repräsentative Befragung durchgeführt. In diesem Beitrag werden die wichtigsten Ergebnisse dargestellt.
Studiensteckbrief
Repräsentative Online-Befragung; Zielgruppe: Deutschsprachige Bevölkerung in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in Privathaushalten im Alter zwischen 16 und 67 Jahren; Feldzeit: 22. Juni 2018 bis 24.Juli 2018; Fallzahl: 1.351 Fälle; Stichprobenverfahren: Quotenstichprobe nach Alter, Geschlecht und Region.
Nur etwa die Hälfte der Arbeitnehmer zufrieden
Gerade einmal etwas mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer (53 Prozent) sind mit ihrem Arbeitgeber zufrieden, wobei nur jeder Neunte (11 Prozent) sehr zufrieden ist. Im Umkehrschluss heißt das, dass fast jeder zweite Beschäftigte in der Region mit seinem Arbeitgeber unzufrieden ist. Für die Zufriedenheit spielen verschiedene Faktoren eine Rolle – zum Beispiel die Unternehmenskultur, das Team, Tätigkeit, Gehalt sowie das Verhalten und die Beziehung zum Vorgesetzten.
Große Defizite bei Vorgesetzten, Bezahlung und Entwicklungsmöglichkeiten
Die größte Zufriedenheit der Arbeitnehmer besteht hinsichtlich der Tätigkeit und den Kollegen. Mehr als zwei Drittel der abhängig Beschäftigten in Mitteldeutschland (69 Prozent) sind laut Erhebung mit den ausgeübten Tätigkeiten in ihrem Job zufrieden. Etwas niedriger fällt die Zufriedenheit mit den Kollegen aus (63 Prozent). Nur knapp die Hälfte der Arbeitnehmer (47 Prozent) ist mit ihren Vorgesetzten zufrieden. Noch weniger zufrieden zeigen sich die Arbeitnehmer mit der Bezahlung (39 Prozent) und den Entwicklungsmöglichkeiten (38 Prozent).
Schwache emotionale Bindung und geringe Weiterempfehlungsbereitschaft
Die geringe Zufriedenheit drückt sich auch in einer schwachen emotionalen Bindung sowie geringen Weiterempfehlungsbereitschaft aus. Zwar sagen drei Viertel der Arbeitnehmer (77 Prozent), dass sie gegenüber ihrem Arbeitgeber loyal sind, aber nur die Hälfte fühlt sich dem Arbeitgeber zugehörig (50 Prozent). Darüber hinaus würde nur ein Viertel der Arbeitnehmer in Mitteldeutschland (26 Prozent) den aktuellen Arbeitgeber aktiv weiterempfehlen – zum Beispiel an potenzielle Bewerber.
Starke Zusammenhänge zwischen Zufriedenheit und Bindung
Unter denjenigen, die mit ihrem Arbeitgeber zufrieden sind, will nur etwa jeder Achte (12 Prozent) innerhalb der nächsten zwei Jahre seinen Arbeitgeber wechseln, während es bei den Unzufriedenen mehr als jeder Vierte (44 Prozent) ist. Gleichzeitig gibt es unter den Zufriedenen entschieden mehr Fürsprecher für den eigenen Arbeitgeber (45 Prozent) als unter den Unzufriedenen, von denen nur jeder Fünfundzwanzigste seinen Arbeitgeber weiterempfehlen würde.
Den größten Handlungsbedarf gibt es im Handwerk
Im mitteldeutschen Handwerk ist die Unzufriedenheit besonders groß. 73 Prozent der Handwerker sind mit ihrem Arbeitgeber unzufrieden, und nur 16 Prozent würden ihn weiterempfehlen. Die Unzufriedenheit ist allerdings nicht allgemeiner Natur, sondern basiert vor allem auf einem Faktor, wie ein Vergleich mit der Industrie zeigt. Bei fast allen Themen – Zufriedenheit mit der Aufgabe, mit den Kollegen, mit dem Unternehmen insgesamt usw. – sind die Zufriedenheitswerte ähnlich wie in der Industrie – und die Industrie wiederum unterscheidet sich marginal vom Gesamtdurchschnitt. Die drastischen Unterschiede ergeben sich vor allem beim Faktor Bezahlung. Hier liegt die Unzufriedenheit der Handwerker deutlich höher. Etwas mehr als die Hälfte der Handwerker (52 Prozent) meinen, die Bezahlung sei sehr schlecht (44 Prozent) oder schlecht (8 Prozent). Zum Vergleich: In der Industrie meinen nur 13 Prozent, dass die Bezahlung schlecht (6 Prozent) oder sehr schlecht (7 Prozent) sei. Hier gibt es also großen Handlungsbedarf.
Unzufriedene wechseln häufiger: Knapp die Hälfte der Unzufriedenen (44 Prozent) plant zu wechseln
Die schwache Bindung und geringe Zufriedenheit führt auch zu einer erheblichen Wechselbereitschaft. Mehr als ein Viertel der mitteldeutschen Arbeitnehmer (27 Prozent) möchten innerhalb der nächsten 2 Jahre den Arbeitgeber aus eigenem Antrieb wechseln.
Die Wechselbereitschaft resultiert maßgeblich aus der Unzufriedenheit mit dem aktuellen Arbeitgeber. Denn fast jeder zweite Unzufriedene (44 Prozent) plant einen Jobwechsel.
Unternehmenskultur sowie Verhalten des Vorgesetzten sind stärkste Motivatoren für die Mitarbeiterbindung
Die Gründe für eine schwache Bindung und den Wechselwunsch sind vielschichtig. Den stärksten Zusammenhang in der Studie zeigten allerdings das Verhalten des Vorgesetzten und dessen Beziehung zum Mitarbeiter. Wichtig sind vor allem Wertschätzung und der Rückhalt, den ein Vorgesetzter den Mitarbeitern bei ihren Initiativen gibt sowie die Förderung der Entwicklung der Mitarbeiter durch den Vorgesetzten. Darüber hinaus sind eine gute Unternehmenskultur und ein gutes Betriebsklima sowie eine leistungsgerechte Entlohnung starke Bindungstreiber.
Die Zusammenhänge zwischen Bindung und Zeit: verschiedene Bindungsarten
Die Bindung von Mitarbeitern an ihre Arbeitgeber entwickelt sich mit der Zeit. Zunächst entsteht eine rein emotionale Bindung – man beginnt bei einem neuen Arbeitgeber, freut sich darauf, hat Erwartungen, zeigt sich freundlich und engagiert. Mit der Zeit lernt man sich kennen – Erwartungen werden bestätigt oder enttäuscht. Zu den ersten Emotionen und den „Vorschusslorbeeren“ kommen Erfahrungen hinzu. Wenn dieser Prozess gelingt, entsteht mit der Zeit eine Art Verpflichtungsgefühl. Zu der rein affektiven Bindung vom Anfang kommt nun langsam eine normative Bindung hinzu. In späteren Jahren entwickelt sich die Bindung noch einmal weiter – man weiß nun endgültig, woran man ist, man hat sich arrangiert, man ist „abgeklärt“. Nun wird alles etwas sachlicher betrachtet – zwar kann man sich noch emotional gebunden und verpflichtet fühlen, aber es kommen auch rationale Abwägungen hinzu. Diese verschiedenen Bindungsarten kommen sowohl einzeln vor als auch in verschiedenen Kombinationen. Zudem gibt es Mitarbeiter, die völlig ungebunden bleiben.
Die folgende Grafik zeigt die Wechselbereitschaft der einzelnen Bindungstypen im Verhältnis zum Ausmaß kritischer Haltungen gegenüber dem Arbeitgeber. Auf den ersten Blick wird deutlich, dass die Ungebundenen – immerhin etwa 10 Prozent der mitteldeutschen Arbeitnehmer – sowohl eine hohe Wechselbereitschaft zeigen als auch am kritischsten gegenüber ihren Arbeitgebern eingestellt sind. Zudem zeigt sich, dass die lediglich affektiv Gebundenen die höchste Wechselbereitschaft im Vergleich zu den anderen Bindungstypen aufweisen. Das wird dadurch plausibel, dass affektiv gebundene Mitarbeiter in der Regel noch nicht lange im Unternehmen sind bzw. die Bindung mit der Zeit fester und enger wird. Die anderen Bindungstypen entstehen wie gesagt erst bei längerem Verbleib in der Organisation. Deutlich wird darüber hinaus, dass unter denjenigen, die nur noch rational gebunden sind (in der Regel lange im Unternehmen, sehr abgeklärt) vergleichsweise viele Kritiker zu finden sind. Wer nur rational gebunden ist, wägt vor allem ab – und verbleibt im positiven Fall in einer Art „sachlicher Distanz“. Im weniger positiven Fall kann daraus „kritische Distanz“ oder gar „innere Kündigung“ werden. Auf etwa ein Viertel aller Arbeitnehmer trifft nach unseren Erkenntnissen die – zugegeben saloppe – Beschreibung „Wir sind treu, haben aber schlechte Laune.“ zu.
DRK und Diakonie sind nach den Unikliniken die attraktivsten Arbeitgeber in der Sozialwirtschaft
Wir haben nach der Attraktivität von Arbeitgebern in verschiedenen Branchen gefragt, darunter die Automobilindustrie oder die Sozialwirtschaft. Der mit Abstand attraktivste Arbeitgeber bleibt aus Sicht der berufstätigen Mitteldeutschen die öffentliche Verwaltung (etwas mehr als ein Drittel der Befragten!), gefolgt von den großen, in der Region vertretenen Automobilkonzernen.
Innerhalb der Sozialwirtschaft sind die Unikliniken die attraktivsten Arbeitgeber – und zwar aus Sicht aller Befragter ebenso wie aus Sicht der im Gesundheits- und Sozialbereich tätigen Menschen. Unter den Wohlfahrtsverbänden treten das Deutsche Rote Kreuz und die Diakonie mit einigem Abstand zu anderen Verbänden hervor – und zwar wiederum sowohl aus Sicht aller Befragter wie auch der in der Branche tätigen Menschen. Des Weiteren können sich Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen in kommunaler Trägerschaft eines im Vergleich guten Images erfreuen.
Ansprechpartner: Dr. Jörg Heidig, heidig@prozesspsychologen.de
Text: Stefan Bischoff, Dr. Jörg Heidig