Zu dieser Frage, die im Grunde auch das Thema meiner Dissertation war, habe ich kürzlich einen Vortrag im Rahmen der 10. Controllertagung an der Hochschule Zittau/Görlitz gehalten. Die wesentlichen Thesen:
Wie Verwaltungsmitsrbeiter handeln, ist vor allem eine Frage der Beziehungen zu vorgesetzten Personen. Natürlich fließen die Wirkungen früherer Sozialisationsprozesse und Persönlichkeitsfaktoren ein, aber die Beziehungen zu Vorgesetzten geben den Ausschlag, ob und wie sich proaktive Handlungstendenzen entfalten können. Zu einer solchen Entfaltung bedarf es im Sinne einer Minimalanforderung mindestens sachbezogenen Rückhalts durch mindestens eine vorgesetzte Person. Das würde zumindest die Ausprägung einer abwartend-abwägenden bzw. abwägend-strategischen Handlungstendenz ermö̈glichen. Ist die Minimalanforderung nicht gegeben, kö̈nnen sich proaktive Handlungstendenzen nicht entfalten und es bleibt bei abwartend-angepassten Handlungsmustern verbunden mit dem Wunsch, proaktiv zu handeln, aber ohne die Wahrnehmung einer Möglichkeit dazu, oder es kommt – bei ohnehin stark ausgprägten proaktiven Handlungstendenzen – zu einer teufelskreisartig eskalierenden Beziehungsdynamik, die zum ”Umschlagen“ der proaktiven Handlungsmuster in Opposition führen kann.
Professor Matthias Schmidt während seines Eröffnungsvortrags zum Thema Zukunft der Arbeit
Die zentrale Einflussgröße ist also die Führungshaltung des direkten Vorgesetzten bzw. dessen Kompetenz, die Beziehungen zu seinen nachgeordneten Führungskräften bzw. Mitarbeitern so zu gestalten, dass diese Rückhalt verspüren und bereit sind, Ideen einzubringen und Veränderungen umzusetzen. Dabei kann man einen pragmatischen „Rückhalt in der Sache“ (Delegation von Aufgaben, Übertragung von Verantwortung) von einem „personenbezogenen Rückhalt“ unterscheiden. Letzterer ist von Interesse an Mitarbeitern und von persönlicher Unterstützung im Bedarfsfall geprägt. Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn beide Führungshaltungen (Rückhalt in der Sache und personenbezogener Rückhalt) zusammenkommen. Die schlechteste Wirkung auf die Handlungsorientierung der Mitarbeiter haben Führungskräfte, die nur „formalistisch“ führen, d.h. vergleichsweise strikt auf „Dienst nach Vorschrift“ beharren.