Um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Organisation zu verstehen, steht eine kaum überschaubare Zahl von Modellen und Methoden zur Verfügung. Für Organisationsentwickler und Berater ist es regelmäßig eine Herausforderung, sich für die richtigen Modelle und Vorgehensweisen zu entscheiden.
Ob die entsprechenden Entscheidungen „richtig“ — also hilfreich — sind, wird in der Regel erst später klar. In Abwandlung eines Zitats von Sören Kierkegaard möchte ich es so formulieren: Organisationen werden vorwärts beraten, der Prozess der Veränderung einer Organisation wird aber erst im Tun und manchmal erst im Nachhinein verstanden.
Will man eine Organisation verstehen, kann man beispielsweise Strukturen, Prozesse und die spezifische Kultur der Organisation untersuchen. Wie man dabei vorgehen kann, habe ich hier ausführlicher beschrieben.
Will man eine Organisation beraten — also bei ihrer Entwicklung oder Veränderung helfen — wird man zum Interventionisten. Eine Intervention bedeutet, ein funktionierendes Rollen- und Beziehungsgeflecht mit der Absicht zu betreten, durch den Einsatz verschiedener Methoden hilfreich zu sein.
Spätestens jetzt tritt die „menschliche Dimension“ auf den Plan: Organisationen bestehen aus Geflechten zwischenmenschlicher Beziehungen. Diese Beziehungen sind kein Selbstzweck, sondern folgen dem Zweck der Organisation. Daraus ergeben sich bestimmte Erwartungen an die in einer Organisation tätigen Menschen: Vom Individuum wird erwartet, eine bestimmte Rolle auszufüllen.
Die soeben erwähnte „menschliche Dimension“ lässt sich im Prinzip auf vier konzeptionellen Ebenen denken:
- Individuelle Ebene: Individuum als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter
- Ebene von Zweier-Beziehungen: Beziehung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft
- Gruppenebene: Beziehungen zwischen den Angehörigen bspw. eines Teams einschließlich der Beziehungen zu der das Team ggf. leitenden Person
- Organisationsebene: Beziehungen zwischen verschiedenen Teams, Abteilungen oder anderen Organisationseinheiten, z.B. Beziehungen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat
Das m.E. am besten geeignete Modell zum Verständnis dieser Beziehungen ist das des psychologischen Vertrags.
Jede und jeder Angehörige einer Organisation hat einen Arbeitsvertrag mit dieser Organisation. Neben diesem formalen Vertrag gibt es noch einen informellen, kaum thematisierten, gewissermaßen „psychologischen Vertrag“ mit der Organisation. Dieser besteht aus gegenseitigen Erwartungen. Eine Mitarbeiterin hat Erwartungen an ihren Arbeitgeber und der Arbeitgeber hat Erwartungen an die Mitarbeiterin. Das Besondere an diesem psychologischen Vertrag ist, dass er sich mit der Zeit immer wieder ändert. Anders als der Arbeitsvertrag, der nur selten verändert wird, unterliegt der psychologische Vertrag einer — oft unausgesprochenen und relativ unbewussten — permanenten Anpassung bzw. Fortschreibung.
Aus dieser Sicht erscheint Führung vor allem als „Moderation“ der psychologischen Verträge von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Bei Führung handelt es sich in diesem Sinne um Erwartungsmanagement. Erwartungen können erfüllt oder enttäuscht werden, und Erwartungen können sich ändern.
Aus diesen kurzen Darstellungen lassen sich einige nach meiner Erfahrung hilfreiche Modelle für das fragende Vorgehen bei der Beratung von Führungskräften ableiten.
Fragemodell 1: Zeitachse
Das erste und einfachste Modell beruht auf der Anwendung einer Zeitachse:
- Wie ist die gegenwärtige Situation/Lage entstanden?
- Wie geht es Ihnen momentan mit ihrer Rolle? Was läuft gut, was weniger gut, was möchten Sie ggf. verändern?
- Was wünschen Sie sich für die kommenden Monate? Was möchten Sie bewirken? Was erwarten Sie von anderen (Kollegen, Führungskräften)?
Es geht bei der Beratung von Organisationen nicht um individuelle Beratung, sondern um Hilfe vor dem Hintergrund des Funktionierens der Organisation. Rein individuelle Beratung würde die Persönlichkeit und die Interessen der einzelnen Person, ihre Ziele, ihre Motivation und ggf. auch ihre „blinden Flecken“ oder persönlichen Entwicklungsbedarfe in den Vordergrund stellen. Bei der Beratung von Organisationen werden zwar letztlich auch Einzelpersonen oder Gruppen von Führungskräften oder Teams beratend begleitet, aber eben nicht (nur) als individuelle Persönlichkeiten, sondern als Rolleninhaber.
Fragemodell 2: Erwartungen
Zu den Eigenschaften und Interessen der einzelnen Person kommen quasi die sich aus dem Organisationszweck bzw. der entsprechenden Aufgabe in der Organisation ergebenden Erwartungen hinzu. Rollen sind „Bündel von Erwartungen“, und eine Person kann diese Erwartungen auf der Basis ihrer Ausbildung, Erfahrung und Persönlichkeit besser oder schlechter erfüllen. Erwartungen — und damit die Rollen — können aber auch unklar sein; hier kommt es nun wiederum auf die Führungskräfte und die Kolleginnen und Kollegen an:
- Wie genau wissen Sie, was Sie tun sollten, um ihre Rolle zu erfüllen?
- An wen können Sie sich wenden, wenn Sie Fragen haben?
- Wie funktioniert der Informationsfluss? Erfahren Sie rechtzeitig, was Sie wissen müssen, um Ihren Job gut zu machen? Sind Ihnen die Schnittstellen um ihre Rolle/Aufgabe herum zu anderen Personen/Rollen/Bereichen klar?
Solche Fragen dienen zunächst der Analyse der Situation bzw. zum Verständnis der Situation durch die Beraterin oder den Berater.
Fragemodell 3: Ebenen
Wollte man nun auf der Basis des Modells des psychologischen Vertrags intervenieren, könnte man in den entsprechenden Gesprächen mit Führungskräften etwa folgende Fragen stellen:
- Individuum und Rolle: Was möchten Sie persönlich? Wie bewerten Sie die momentane Situation? Welche Optionen sehen Sie? Was haben Sie ggf. schon versucht? Vor dem Hintergrund Ihrer Rolle/Aufgabe: Welche Ziele ergeben sich aus ihrer Aufgabe heraus in Bezug auf die momentane Situation? Falls stärkere Emotionen eine Rolle spielen: Wenn Sie Ihre momentane Befindlichkeit einmal ausblenden — was wäre rein sachlich aus Sicht ihrer Rolle im Unternehmen gut? Was wäre dann ihr Ziel? Im Falle eines Konfliktes: Inwiefern waren ihre letzten Handlungen von Emotionen bestimmt? Was ist ggf. Ihr eigener Anteil an der Eskalation? Wie könnte man ggf. anders über die momentane Situation denken?
- Beziehung zu Vorgesetzten oder/und Kollegen auf der gleichen Ebene: Wie klar wurden Erwartungen ausgesprochen? Wie klar sind die Handlungsziele Ihrer Kolleginnen und Kollegen? Was wünschen Sie sich? Was wäre für die Vorgesetzte oder den Kollegen gut?
- Bezug zum Unternehmensziel: Was ist aus Sicht des Unternehmens gut? Was müsste aus Ihrer Sicht getan werden, um in Richtung der Unternehmensziele voranzukommen?
Fragemodell 4: Passung von Person und Organisation anhand von Zielen und Erwartungen
Folgende Dinge sollten bei Interventionen geklärt werden:
- Welche persönlichen Ziele und Interessen habe ich?
- Habe ich ggf. einen eigenen Anteil an der momentanen Lage, und wenn ja, welchen? (Da wir Menschen sind, spielen Emotionen fast immer eine Rolle!)
- Welche Ziele und Handlungsoptionen ergeben sich aus meiner Rolle?
- Welche Ziele und Optionen ergeben sich aus der momentanen Lage des Unternehmens/Bereiches/Teams, und welche Prioritäten/Optionen lassen sich daraus ableiten?
- Was brauchen die Kollegen/Vorgesetzten? Was sind deren Handlungsziele, und welche ggf. unausgesprochenen Dinge spielen möglicherweise eine Rolle? Wie gut erfüllen Vorgesetzte und Kollegen ihre Rollen vor dem Hintergrund der Unternehmensziele?
Durch solche Fragen erfolgt ein Abgleich der Selbst- und Fremdeinschätzung der momentanen Situation und der Handlungsoptionen vor dem Hintergrund der Unternehmensziele. Es ist keineswegs selbstverständlich, dass solche Fragen offen diskutiert werden, aber Feedback (also der Abgleich der Selbst- mit der Fremdeinschätzung) bleibt m.E. die wichtigste Methode, wenn es um Interventionen auf der Ebene zwischenmenschlicher Beziehungen geht.
Jede Ausgangslage in Unternehmen bzw. jede Veränderung hat eine „faktische“ und eine „menschliche“ Dimension. Menschen bewerten Situationen unterschiedlich — auf der Grundlage ihrer Persönlichkeit (bspw. Kreative vs. Sicherheitsorientierte oder Optimisten vs. Pessimisten), ihrer Rolle (Vertriebler vs. Buchhalter), ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (Geschäftsleitung vs. Betriebsrat oder Produktionsarbeiter vs. „die da oben“) oder Teams (Marketing vs. interne Rechtsabteilung) oder ihrer Loyalität zu Vorgesetzten oder, oder.
Durch die oben genannten Fragen können unterschiedliche Sichtweisen und Erwartungen erfasst und anschließend vor dem Hintergrund der Unternehmensziele „ausdiskutiert“ werden. Idealerweise gelingt es durch die Intervention, rein persönliche Ziele und Belange (bspw. Herrschaftswissen, Macht, Statusstreben, Selbstschutz) in ihrem Einfluss zu reduzieren, indem eine offene Diskussion Feedback und Einsicht ermöglicht und es eine gemeinsame Verständigung dazu gibt, was für das Unternehmen, das betreffende Team oder den besprochenen Sachverhalt gut ist.
Freilich geht es auch um die Menschen und ihre Interessen. Aber es muss besprochen werden, wenn ggf. individuelle Belange über die Ziele der Organisation, der Rolle oder des Teams usw. gestellt werden.
Typologie der Interventionsergebnisse
Ganz gleich, wie die Intervention verläuft — am Ende steht eins der folgenden Ergebnisse:
Typ 1: Es passt und es gibt keinen Handlungsbedarf
Die Ziele der Organisation oder des Teams oder die sich aus der Rolle ergebenden Handlungsziele und Erwartungen passen zu den Zielen und Erwartungen der handelnden Person (ganz gleich, ob Mitarbeiter oder Führungskraft). Dann muss nicht weiter interveniert werden.
Typ 2: Es passt nicht und es sollte gehandelt werden
Die Ziele der Organisation oder des Teams oder die sich aus der Rolle ergebenden Handlungsziele und Erwartungen passen nicht zu den Zielen und Erwartungen der handelnden Person. Dann kann entweder die betreffende Person ihre Emotionen und Erwartungen an diejenigen der Organisation/des Teams/der Rolle anpassen, oder man kann die Ziele der Organisation/des Teams/der Rolle an die Person anpassen. Letzterer Fall ist sicher seltener als ersterer — und insofern unwahrscheinlicher, als dass Organisationen kaum ihren Zweck und ihre Erwartungen an die Belange einzelner Personen anpassen können. Was Organisationen tun können, ist, ihren Mitgliedern bei der Art und Weise der Durchführung der Aufgaben (flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Steigerung der Autonomiegrade bei der Ausführung der Aufgaben, Entgelt, Urlaubsanspruch usw.) entgegenzukommen. Das bedeutet, man würde versuchen, ein Matching der Erwartungen herzustellen. Ein nicht geringer Teil der Arbeit von Führungskräften beschäftigt sich genau damit.
Typ 3: Es passt nicht, aber nichts passiert
Ein nicht gerade seltener Fall ist zudem, dass die Ziele der Organisation oder des Teams oder die sich aus der Rolle ergebenden Handlungsziele und Erwartungen zwar nicht zu den Zielen und Erwartungen der handelnden Person passen, aber nichts unternommen wird. Das führt dann in der Regel zu einer Zuspitzung der Situation bis hin zur Eskalation, an deren Ende dann andere als die bisher handelnden Personen Entscheidungen treffen. Spätestens die „Ersatzkommunikation“ in Form von Gerichtsverhandlungen regelt die Hinterlassenschaften zerbrochener bzw. „innerlich gekündigter“ psychologischer Verträge.
Typ 4: Die Berater taugen nichts
Ein vierter möglicher Fall ist, dass die Intervention nicht zum Ziel führt bzw. es zu keiner Klärung und zu keiner Entscheidung für eine der hier beschriebenen Ergebnisoptionen kommt. Dann kann passieren, wozu es manchmal bei scheiternden Mediationsversuchen kommt: Die am Konflikt beteiligten Seiten kommen im Konflikt keinen Schritt weiter, sind sich aber gleichzeitig in dem Erleben einig, dass die Mediation oder die Art und Weise ihrer Durchführung nichts bringt — und beenden die Begleitung. In diesem Fall läuft die Beraterseite Gefahr, den Auftrag zu verlieren.
Mögliche Beratungsfehler
Des Weiteren gibt es eine ganze Reihe von Fehlern, die Berater machen können:
Die Kultur des Unternehmens passt nicht zur Intervention
Interventionen müssen zur Kultur der jeweiligen Organisation passen, sonst kann die Beratung scheitern. Wenn etwa in relativ hierarchischen Organisationen zu beteiligungs- oder buttom-up-orientierte Methoden eingesetzt werden, wird dies zunächst vielleicht begrüßt („Genau das, was wir brauchen!“), führt aber im Nachhinein zu „eigentlich unerwünschten“ Konsequenzen — Führungskräfte sind ggf. irritiert, weil sich Mitarbeiterinnen in Dinge einmischen, die sie „dann ja doch nichts angehen“, und Mitarbeiter können ihrerseits sehr irritiert reagieren, weil sie erst gefragt wurden, dann aber kaum Ideen und Vorschläge umgesetzt werden. Die kulturelle Dimension der Passung von Interventionen ist ein sehr komplexes Thema, das bis hin zu Fragen des handlungsleitenden Menschenbildes oder etwa der Macht informeller Strukturen wie „unsichtbaren Hierarchien innerhalb der Hierarchie“ reicht.
Unterschwellige Aufträge nicht erkennen/die Worte zu sehr für bare Münze nehmen
Die in Beratungsprozessen geäußerten Erwartungen müssen nicht in jedem Fall mit den tatsächlichen Erwartungen übereinstimmen — alle Formen unbewusster oder verdeckter Erwartungen sind hier möglich. So haben Berater oft die Funktion, Dinge auszusprechen, die Führungskräfte nicht aussprechen können oder wollen. Das hat auch seinen Sinn, denn Führungskräfte sind kontinuierlich und nicht nur vorübergehend in ihrer Organisation tätig, müssen also darauf achten, wie stark sie ihre Arbeitsbeziehungen belasten können. Berater hingegen sind nur punktuell und vorübergehend involviert und können ausgetauscht werden. Sollte man die Vermutung haben, dass nicht alles klar auf dem Tisch liegt, hilft genaues Zuhören und Rückformulieren, ggf. vorsichtiges Deuten und Ansprechen des womöglich nicht Ausgesprochenen („verbalisieren“). Zudem kann man immer wieder Prozessfragen stellen („Wie hilfreich ist das, was gerade passiert? Inwiefern entspricht das Ihren Erwartungen?), also letztlich die Auftragsklärung immer wieder „im Kleinen“ wiederholen. Oft hilft auch, verschiedene Optionen von Vorgehensweisen und „Interventionsgeschwindigkeiten“ anzubieten und so an die Erwartungen anzupassen.
Das Mandat überschreiten durch zu frühe oder zu harte Konfrontationen
Beratung ist eine Form von Hilfe. Folgt man Edgar Schein, dann können Berater unter anderem handeln wie Spezialisten. Dann gilt der oft gehörte Spruch, dass „Ratschläge auch Schläge“ seien, ganz und gar nicht, im Gegenteil: Wenn ich weiß, was mein Problem ist und wer mir helfen kann, dann erwarte ich, dass die entsprechenden Spezialisten das Problem für mich lösen oder mir wenigstens sagen, wie es geht.
Wenn ich mich also als Kunde für den Modus „Spezialistenhilfe“ entscheide, dann erwarte ich auch entsprechend klar und kompetent beraten zu werden. Ich begebe mich dann als Kunde in eine Status-Position, die Edgar Schein als „one-down-ness of help“ bezeichnet. Ich erkenne, dass ich Hilfe brauche und bitte um Hilfe. Damit begebe ich mich im Status „unter“ die beratende Seite — ich mache mich verletzlich, gebe zu, dass ich Hilfe brauche usw. Wenn die beratende Seite es schafft, durch eine entsprechende Haltung sowie durch Interesse und Sachverstand mein Vertrauen zu gewinnen, dann ist es auch möglich, Konfrontationen auszusprechen, also beispielsweise anzusprechen, dass eine Führungskraft „Teil des Problems“ sei.
Konfrontationen brauchen, damit sie möglich sind, drei Voraussetzungen: Erstens muss sich zunächst ein Vertrauen entwickeln. Zweitens muss die konfrontierende Seite für kompetent gehalten werden (Spezialisten-Status). Drittens muss die beratene Seite akzeptiert haben, Hilfe zu brauchen — und im zugespitzten Fall sogar die Frage zulassen, ggf. selbst Teil des Problems zu sein.
Konfrontieren Berater, bevor sich Vertrauen entwickelt hat, kann das zum Abbruch der Beratung führen. Und konfrontieren sie, weil sie meinen, im Spezialistenmodus zu handeln — Kunden sprechen Berater häufig genau so an, wollen dann aber im Gegensatz zu ihren ersten Worten die Sache doch selbst regeln und verstehen Berater dann eben nicht mehr als Spezialisten, sondern höchstens als Partner bei der gemeinsamen Lösungssuche — kann das zu erheblichem Klärungsbedarf führen.
Beratung ist immer eine Gratwanderung zwischen Bestärkung und Infragestellung — letztere bis hin zur Konfrontation. Konfrontationen sind per Definition Tests eigener Vermutungen: Ich habe die Vermutung, mein Gegenüber sei Teil des Problems — und sage es. Hier kommt es nicht nur auf den Ton an, der die Musik macht, sondern hier kommt es auf das Ausmaß des Vertrauens und die Erlaubnis an. Manchmal muss ich meine Erlaubnis etwas überschreiten, um Dinge besprechbar zu machen, die aus verschiedenen Gründen (bspw. Angst vor Gesichts- oder Statusverlust) sonst nicht ansprechbar wären. Aber das erfordert Fingerspitzengefühl und Vorsicht. Praktisch helfen dabei bspw. wiederholte Prozessfragen: „Darf ich offen sprechen?“ oder: „Darf ich auch Dinge ansprechen, die ggf. sehr hart sind und die nicht stimmen müssen, aber von denen ich denke, dass sie wichtig sein könnten?“
Die Entwicklungsphase der Organisation falsch einschätzen
Organisationen werden nicht heute aufgebaut und funktionieren ab morgen immer gleich, sondern sie entwickeln sich: sie wachsen, erleben „Plateaus“, also Zeiten, in denen alles mehr oder minder gleich zu bleiben scheint, sie schrumpfen, sie erleben „disruptive“ Veränderungen, also solche, nach denen die Organisation ganz anders aussieht als vorher. Organisationen können auch „sterben“.
Als Berater muss man die Entwicklungsphase und die aktuellen Herausforderungen einer Organisation gut einschätzen können. Die Belange einer wachsenden Organisation sind andere als die einer Organisation, die sich gerade mehr oder minder in einer Art Dauerbetrieb ohne große Veränderungen befindet.
Das betrifft auch die Eignung und das Mindset der handelnden Personen: Menschen, die stark wachsende Organisationen führen können, sind weniger gut darin, Dauerbetrieb zu verwalten, und umgekehrt. Man muss also die nicht nur die Entwicklungsphase und die gegenwärtigen Herausforderungen der Organisation erkennen, sondern auch die momentane „Passung“ der handelnden Führungskräfte vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen einschätzen können.
Wollte man diesbezügliche Erkenntnisse allerdings ansprechen, gilt alles, was weiter oben über das Handling und die Risiken von Konfrontationen gesagt wurde. 😉