Erstes Beispiel: Ein Mädchen stürmt aus dem Hinterausgang eines Neubaublocks in einer großen Stadt. Sie ruft: „Der hat mich angefasst, der hat mich angefasst!“ Ein Nachbar beobachtet das und ruft die Polizei. Die Einsatzkräfte kommen und fragen das Mädchen, was passiert ist. Die Schilderung des Mädchens ist sehr detailreich. Später wird ein Mann abgeführt. Der… Neue Monster weiterlesen
Autor: Jörg Heidig
Dr. Jörg Heidig, Jahrgang 1974, ist Organisationspsychologe, spezialisiert vor allem auf Einsatzorganisationen (Feuerwehr: www.feuerwehrcoach.org, Rettungsdienst, Polizei) und weitere Organisationsformen, die unter 24-Stunden-Bedingungen funktionieren müssen (bspw. Pflegeheime, viele Fabriken). Er war mehrere Jahre im Auslandseinsatz auf dem Balkan und hat Ende der 90er Jahre in Görlitz Kommunikationspsychologie studiert. Er schreibt regelmäßig über seine Arbeit (www.prozesspsychologen.de/blog/) und hat eine Reihe von Büchern veröffentlicht, darunter u.a. "Gesprächsführung im Jobcenter" oder "Die Kultur der Hinterfragung: Die Dekadenz unserer Kommunikation und ihre Folgen" (gemeinsam mit Dr. Benjamin Zips). Dr. Heidig lebt in der Lausitz und begleitet den Strukturwandel in seiner Heimat gemeinsam mit Stefan Bischoff von MAS Partners mit dem Lausitz-Monitor, einer regelmäßig stattfindenden Bevölkerungsbefragung (www.lausitz-monitor.de). In jüngster Zeit hat Jörg Heidig gemeinsam mit Viktoria Klemm und ihrem Team im Landkreis Görlitz einen Jugendhilfe-Träger aufgebaut. Dr. Heidig spricht neben seiner Muttersprache fließend Englisch und Serbokroatisch sowie Russisch. Er ist häufig an der Landesfeuerwehrschule des Freistaates Sachsen in Nardt tätig und hat viele Jahre Vorlesungen und Seminare an verschiedenen Universitäten und Hochschulen gehalten, darunter an der Hochschule der Sächsischen Polizei und an der Dresden International University. Sie erreichen Dr. Heidig unter der Rufnummer 0174 68 55 023.
Moralische Erschöpfung
Teil 1: Moralische Verletzung So weit ich weiß, gibt es den Begriff der moralischen Erschöpfung noch nicht. Aber der Begriff beschreibt ein derzeit häufig zu beobachtendes Phänomen. Was es bereits gibt, ist der Begriff der „moralischen Verletzung“ (moral injury). Moralische Verletzung tritt beispielsweise bei Einsatzkräften in Auslandseinsätzen auf, wenn sie andauernd menschliches Leid beobachten, aber… Moralische Erschöpfung weiterlesen
Brauchen andere Zeiten auch andere Kommunikationstheorien?
Führt unser Wissen über Kommunikation tatsächlich noch zu einer „besseren Praxis“ oder zu „mehr Gelingen“? Manchmal frage mich, ob unsere Modellvorstellungen von Kommunikation tatsächlich noch „angemessen“ oder „ausreichend“ sind. Eine gute Theorie soll ja die Praxis erhellen, sie soll beschreiben, erklären — und sie soll Vorhersagen ermöglichen. Zum Beispiel soll sie begründete Unterscheidungen zwischen dem… Brauchen andere Zeiten auch andere Kommunikationstheorien? weiterlesen
Deeskalation
Über gute Kommunikation kann man nicht reden, gute Kommunikation muss man machen. Wie geht das? Über Kommunikation werden viele Worte gemacht. Aber anstatt über gelingende Kommunikation zu reden, sollte man lieber ganz praktisch dafür sorgen, dass Kommunikation gelingt. Klingt simpel, ist es aber nicht. Wenn es so einfach wäre, wie manche Bücher über Kommunikation uns weismachen… Deeskalation weiterlesen
Rhetorik und Präsentation, Teil 1
Wie man in den Wald hineinruft… Den Rhetorik-Lehrer Enkelmann habe ich einmal sagen hören, das erste Gesetz der Rhetorik laute: „Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es heraus!“ Dieses Sprichwort mag jeder Mensch im deutschen Sprachraum schon oft gehört haben, und im Grunde erscheint seine Aussage so banal, dass sie nicht unbedingt… Rhetorik und Präsentation, Teil 1 weiterlesen
Über den praktischen Umgang mit Überlastungsanzeigen
Bestandteile einer Überlastungsanzeige In einer Überlastungsanzeige sollte zunächst stehen, wie und in welchen Situationen es zu einer Überlastung gekommen ist. Es sollte deutlich werden, was der Unterschied zu einer „normalen Arbeitssituation“ ist. Dies sollte idealerweise entweder durch Zahlen (bspw. Stückzahlen, Anzahl von Vorgängen, Verdichtung von Aufgaben pro Zeiteinheit o.ä.) oder/und durch konkrete Beispiele belegt werden.… Über den praktischen Umgang mit Überlastungsanzeigen weiterlesen
Toleranzaktivismus: Was die „woke“ Bewegung mit Narzissmus und Dekadenz zu tun hat
Man stelle sich vor, in einem totalitär regierten Land gelte eine Auswahl erwünschter Frisuren. Falls man mit einer unerwünschten Frisur nach Hause käme, würde die Parteisekretärin des Wohnblocks klingeln und fragen, ob sie helfen kann. Angenommen, man würde solcherlei „Hilfe“ partout nicht annehmen wollen — dann käme man besuchsweise über das Wochenende in eine Einrichtung,… Toleranzaktivismus: Was die „woke“ Bewegung mit Narzissmus und Dekadenz zu tun hat weiterlesen
Wie geht es mit unseren Organisationen weiter? „Safe space“ als Abwehrmechanismus
Wenn meine Beobachtungen nicht falsch sind, dann steigt nicht nur die Zahl der Menschen, die ihren Verbleib bei einem Arbeitgeber hinterfragen, sondern auch die Intensität der Hinterfragung. Man fragt sich vielleicht, ob die eigenen Erwartungen erfüllt werden, ob der Arbeitgeber der „richtige“ ist, ob die Werte des Arbeitgebers zu den eigenen Werten passen o.ä. Das… Wie geht es mit unseren Organisationen weiter? „Safe space“ als Abwehrmechanismus weiterlesen
Die Relevanz psychologischer Sicherheit als Routine in Hochrisiko- und Einsatzorganisationen
Dieser Tage ist in Führungskräftetrainings viel von „psychologischer Sicherheit“ die Rede. Man meint damit eine Atmosphäre, die es Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern ermöglicht, alles anzusprechen, was sie ansprechen wollen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen haben zu müssen. Die vielleicht eindrucksvollsten Belege für die Relevanz der psychologischen Sicherheit für die Leistung von Organisationen hat Amy Edmondson mit… Die Relevanz psychologischer Sicherheit als Routine in Hochrisiko- und Einsatzorganisationen weiterlesen
Die Psychologie „hinter“ Mitarbeitergesprächen
Während es zur Durchführung von Mitarbeitergesprächen zahllose Ablaufmodelle und Werkzeugkästen gibt, sei in diesem Text einmal ausführlicher auf ein paar Konzepte „hinter“ der Gesprächsführung eingegangen. Nach meinem Dafürhalten ergeben sich die für Mitarbeitergespräche notwendigen Haltungen, Gesprächselemente und ‑techniken ganz automatisch aus diesen Theorien — ganz nach dem Leitsatz, dass eine gute Theorie hilft, die Praxis… Die Psychologie „hinter“ Mitarbeitergesprächen weiterlesen
Organisationale Bypässe
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Eine Vorgesetzte gibt einem ihrer Mitarbeiter Feedback. Zu diesem Feedback gehören positive, aber auch kritische Dinge. Die Vorgesetzte erinnert sich an ein Seminar. In diesem Seminar war davon die Rede, dass die relativ bekannte „Sandwich-Technik“ — man beginne mit etwas Positivem, komme dann zur Kritik, formuliere auf der Grundlage… Organisationale Bypässe weiterlesen
Reaktanz
Die aktuelle politische Situation in Deutschland ist — speziell in Sachsen — ohne den Begriff der Reaktanz kaum zu verstehen. Bei „Reaktanz“ handelt es sich wahrscheinlich um ein ebenso selten verwendetes Wort wie derzeit häufiges Phänomen, nämlich den Widerstand gegen Überzeugungsdruck. Nehmen wir als erstes Beispiel die Diskussion um die Bewahrung der Lebensgrundlagen auf diesem… Reaktanz weiterlesen
Die Lausitz aus Sicht jüngerer Frauen
Bereits in früheren Lausitz-Monitor-Erhebungen wurde deutlich, dass die jüngeren Lausitzerinnen in der Altersgruppe zwischen 16 und 39 Jahren sowohl ihr eigenes Leben als auch die Region insgesamt anders sehen — und zwar nicht nur im Vergleich zu den Männern der gleichen Altersgruppe, sondern an einigen Stellen auch im Vergleich zu allen anderen Bevölkerungsgruppen. Der folgende… Die Lausitz aus Sicht jüngerer Frauen weiterlesen
Der qualitative Forschungsprozess
Paradigmatische Homogenisierung Im Grunde handelt es sich bei der qualitativen Perspektive auf den ersten Blick um ein „irgendwie anderes“ Paradigma. Wenn sich Menschen, die Psychologie studiert haben, über Forschungsmethoden unterhalten, tun sie das häufiger aus dem Blickwinkel quantitativer Forschungsmethoden und weniger häufig aus einer qualitativen Perspektive. Der Grund dafür ist in der relativ weitgehenden paradigmatischen… Der qualitative Forschungsprozess weiterlesen
Methoden der Interviewführung
Die womöglich offenste Form des Interviews ist die des narrativen Interviews, bei dem vor allem Wert auf eine geeignete Form des Einstiegs („Erzählaufforderung“) gelegt wird und die interviewende Seite sich ansonsten stark zurückhält. Wenn man sich ausgehend vom narrativen Interview als der womöglich offensten Interviewvariante ein Spektrum bis hin zu festeren, eher „geschlossenen“ Interviewvarianten vorstellt,… Methoden der Interviewführung weiterlesen
Qualitätskriterien qualitativer Forschung
Betrachtet man die ”qualitative Methodenlandschaft“, so entsteht leicht der Eindruck, dass viele irgendwie ganz ähnliche Dinge tun, sich aber gern in endlosen Diskussionen darüber ergehen, was nun ”methodologisch korrekt“ sei und welche methodischen Schritte warum an welcher Stelle sein müssten und welche nicht. Vielleicht liegt diese Heterogenität aber nicht an der fehlenden Annäherung an einen… Qualitätskriterien qualitativer Forschung weiterlesen
Exploration und Inspektion
Die qualitative Forschung beruht auf den Prämissen des symbolischen Interaktionismus sensu Blumer (2013), der seine Arbeit wiederum an der Philosophie George Herbert Meads (2013) orientiert. Auch die frühen Werke eines der Begründer der Grounded Theory (Anselm Strauss: Mirrors and Masks) basieren auf den Betrachtungen von George Herbert Mead (2013). In der qualitativen Forschung geht es… Exploration und Inspektion weiterlesen
Wie aus Sicht der qualitativen Forschung Wissen entsteht
Die Grundlage für Handlungen sind die Bedeutungen, die Dinge für die handelnden Personen besitzen. Es geht also nicht darum, was ist, sondern darum, was die betreffenden Personen glauben, das ist. Beides muss nicht zwingend übereinstimmen, im Gegenteil: Ein Ding und seine Bedeutung können weit auseinanderliegen. Die Dinge erhalten ihre Bedeutung durch den sozialen Interaktionsprozess, weshalb… Wie aus Sicht der qualitativen Forschung Wissen entsteht weiterlesen
Der Ursprung der Kommunikation
Bevor Primaten die Voraussetzungen für die Ausprägung von Sprache entwickeln konnten, lebten sie bereits im Verband. Dieser frühe, gleichsam vorgesellschaftliche Erfahrungsprozess bildet die Voraussetzung für die Entstehung der Fähigkeit zur Kommunikation. Wir können wir uns diesen Prozess wie folgt vorstellen: In der Gemeinschaft entstehen die ersten Symbole, die es den Beteiligten ermöglichen, sich nicht nur… Der Ursprung der Kommunikation weiterlesen
Es war einmal: Der Westen — oder: Wir erinnern uns an eine Projektion
Last man standing Wir erinnern uns: John Wayne oder Clint Eastwood oder Bruce Willis mit schiefer Grimasse vor einem Mauerrest. Schießt, trifft und bleibt immer der „last man standing“. Vorher rettet er ein Mädchen und nachher reitet — oder im Falle von Bruce: fährt — er in den Sonnenuntergang. Erinnern wir uns? Ja, wir erinnern uns.… Es war einmal: Der Westen — oder: Wir erinnern uns an eine Projektion weiterlesen
Die Relevanz der primären Stabilisierung
Es gab einen Übergriff. Die betroffene Person war in dem Moment allein mit ihrem Gegenüber. Das Gegenüber war noch neu in der Einrichtung, aber es war nicht der erste Tag für das Gegenüber. Alles lief nach Plan — zumindest theoretisch. Die Situation war eine ganz alltägliche: Das Gegenüber wollte etwas, die betroffene Person lehnte das… Die Relevanz der primären Stabilisierung weiterlesen