Während es zur Durchführung von Mitarbeitergesprächen zahllose Ablaufmodelle und Werkzeugkästen gibt, sei in diesem Text einmal ausführlicher auf ein paar Konzepte „hinter“ der Gesprächsführung eingegangen. Nach meinem Dafürhalten ergeben sich die für Mitarbeitergespräche notwendigen Haltungen, Gesprächselemente und ‑techniken ganz automatisch aus diesen Theorien — ganz nach dem Leitsatz, dass eine gute Theorie hilft, die Praxis besser zu verstehen und zu gestalten. Im Rahmen eines Führungskräftetrainings bei SKAN Deutschland hatte ich kürzlich die Freude, mich gemeinsam mit meiner Kollegin Viktoria Klemm, meinem Kollegen Mathias Bleier-Rox und unseren Seminarteilnehmern zwei Tage lang intensiv mit dem Thema „Führung von Mitarbeitergesprächen“ zu beschäftigen. Die Reflexionen während dieses Führungskräftetrainings haben mich zu diesem Text inspiriert.
Der psychologische Vertrag
Menschen haben mit den Organisationen, für die sie arbeiten, normalerweise einen Arbeitsvertrag, der formale Regelungen enthält. Neben diesem Arbeitsvertrag besteht noch eine Art informellen oder „psychologischen“ Vertrags. Dieser psychologische Vertrag besteht aus gegenseitigen Erwartungen. Das Konzept des psychologischen Vertrags (ursprünglich von Chris Argyris und später Edgar Schein formuliert) ermöglicht, das Verhältnis zwischen einer Person und einer Organisation nicht nur zu einem Zeitpunkt, sondern über die Zeit hinweg zu betrachten. Ein psychologischer Vertrag wird nicht einmal geschlossen und besteht dann in einer bestimmten Gestalt fort, sondern er ist dynamisch, verändert sich, schreibt sich fort. Wenn jemand bspw. eine Stellenanzeige liest, dann entsteht ein bestimmtes Bild von der beschriebenen Aufgabe und der betreffenden Organisation. Mit diesem Bild entwickelt die Person auch bestimmte Erwartungen, die, sollte es zu einem realen Kontakt mit der Organisation kommen, bestätigt, ggf. sogar verstärkt oder eben auch enttäuscht werden können.
Und so geht es ab dem ersten Kontakt mit der Organisation weiter — einmal entstandene Erwartungen werden ggf. erfüllt, nach einer gewissen „erfüllten“ Phase verändern sich die Erwartungen jedoch, entweder weil sich Routine einstellt oder/und die anfängliche Begeisterung nachlässt, oder weil sich die Aufgaben mit der Zeit verändern und die Person ggf. irgendwann auf die Idee kommt, dass es an der Zeit wäre, sich nach neuen Aufgaben umzusehen. Die Gründe können sehr vielfältig sein; wichtig ist deshalb, dass man nicht davon ausgeht, dass ein einmal geschlossener psychologischer Vertrag in seiner Gestalt immer konstant bleibt.
Aus den Erwartungen der Organisation an die Person ergibt sich jenes Bündel aus Aufgaben, das man „Rolle“ oder „Aufgabenprofil“ nennen könnte. Je klarer diese Aufgaben sind, desto genauer weiß die Person, was sie in der Organisation auf ihrer Stelle tun soll. Die Person muss sich anfangs natürlich einarbeiten, aber irgendwann kommt man auf die Idee, den Grad und die Qualität der Aufgabenerfüllung zu beurteilen — in jedem Fall entstehen solche Urteile implizit in den Köpfen der beteiligten Kolleginnen oder Kollegen und der verantwortlichen Führungskräfte. Mindestens in Mitarbeitergesprächen, oft aber auch in Feedback-Runden im Team oder sogar im Rahmen von 360-Grad-Feedbacks wird es auch zu expliziten Formulierungen solcher Einschätzungen kommen. In jedem Fall wird die Aufgabenerfüllung nicht immer auf dem gleichen Level bleiben, weil die Person die Aufgaben durch wachsende Erfahrung mit der Zeit immer besser erfüllt oder weil sich mit der Routine ggf. auch ein gewisser „Schlendrian“ eingestellt hat und die Motivation gesunken ist — oder weil sich die Aufgaben verändert haben und die Person in Bezug auf diese Veränderungen einen gewissen Anpassungs- und Lernbedarf hat, wobei man hier zwischen zwei Fällen unterscheiden muss: einem veränderungsoffenen, ggf. sogar „proaktiven“ Umgang mit Entwicklungsbedarf und einem ggf. veränderungsskeptischen oder sogar defensiven Umgang mit Veränderungen. Auf diese Unterscheidung wird später noch zurückzukommen sein, wenn es darum geht, dass man als Führungskraft nicht nur „positiv orientierte Gespräche“ führen kann, sondern mitunter — auch im konfrontativen Sinne — etwas wollen muss.
Der Zweck von Organisationen und die Aufgabe von Führungskräften
Jede Organisation hat einen Zweck, zu dessen Erfüllung sie gegründet oder geschaffen worden ist. Es gibt wahrscheinlich keine Organisation ohne Zweck, denn Organisationen sind, konsequent betrachtet, auf eine gewisse Dauer angelegte „Rahmungen“ erfolgreicher menschlicher Kooperation — und unsere Kooperation ist in der Regel auf einen Zweck gerichtet, zum Beispiel auf die (prophylaktische) Verbesserung der Daseinsvorsorge, auf Hilfe in Notsituationen, auf die Realisierung einer Geschäftsidee, auf die Sicherung von Herrschaft usw.
Jemand hat sich etwas einfallen lassen und braucht zur Erfüllung dieser Idee andere Menschen. Die Idee führte vom Versuch zum Erfolg — und wurde wiederholt. Wenn sich daraus ein bleibender Erfolg ergibt, wird die Sache weiter wiederholt, es ergeben sich mit der Zeit Routinen und Strukturen — jene „Aufgabenbündel“, von denen wir bereits gesprochen haben. Wem diese kurze Zusammenfassung des Entstehens von Strukturen und Abläufen zu kurz ist — Sie finden auf diesem Blog ausführlichere Darstellungen zur Entstehung von Organisationen sowie zum Zweck von Organisationen.
Die Handlungen der Menschen, die in einer Organisation handeln, sollen auf den Zweck der Organisation einzahlen. Wo Menschen arbeiten, gibt es natürlich immer gewisse Reibungsverluste durch Faktoren wie Missverständnisse, unklare Aufgaben, mehr oder weniger Sympathie, mehr oder weniger Motivation usw. Aber prinzipiell geht es zunächst um dieses „Einzahlen auf den Organisationszweck“, wobei man hier grundsätzlich drei Kategorien unterscheiden kann: Es gibt (a) Handlungen, welche direkt auf den Organisationszweck einzahlen (Wertschöpfung), und es gibt (b) Handlungen, die indirekt auf den Organisationszweck einzahlen (Koordination, Besprechungen, Verwaltung usw.). Des Weiteren gibt es © noch die bereits angesprochenen „Reibungsverluste“ durch Missverständnisse usw. Hierbei gibt es allerdings zwei interessante Spektren, nämlich zum einen von unbeabsichtigt (bspw. Fehler, Missverständnisse) bis beabsichtigt (bspw. bewusste Fehlhandlungen, Absentismus, Betrug, Sabotage) und zum anderen von unvermeidbar (bspw. Missverständnisse oder jegliche Fehler — wobei durch den bewussten Umgang mit Fehlern gelernt werden kann, bis Fehler immer weniger auftreten) bis vermeidbar (bspw. vermeidbare Wiederholungsfehler; durch redundante Kommunikation vermeidbare Missverständnisse; aus Machtdistanz oder Angst entstehende Fehler; Folgen von Herrschaftswissen usw. Herrschaftswissen).
Die primäre Aufgabe von Führungskräften ist, den Prozess des Einzahlens auf den Organisationszweck zu organisieren — und zwar weniger, indem Führungskräfte alles selbst machen oder besser können als ihre Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter (einer der vielen Wege ins sprichwörtliche „Hamsterrad“), sondern indem sie sich fragen, wie die Koordination gestaltet werden muss, damit die Handlungen der Angehörigen ihrer Teams, Abteilungen usw. möglichst wirksam zum Erreichen des Organisationszwecks beitragen. Die wichtigsten Instrumente zur Koordination bleiben wahrscheinlich Besprechungen und Einzelgespräche.
Erste Schlussfolgerungen für die Gesprächsführung
Bei diesen Besprechungen und Einzelgesprächen kann man zwei Ebenen unterscheiden. Zum Einen gibt es die Ebene konkreter Arbeitsinhalte oder ‑abläufe, also das, worum es in arbeitsbezogenen Gesprächen normalerweise geht, nämlich das Was, Wie, Wann usw. der Aufgabenerfüllung. Man könnte dies auch die „operative Ebene“ nennen. Zum Anderen gibt es quasi eine Ebene „über“ der direkten Handlungskoordination, auf der man zum Beispiel bespricht, wie das, was die Person tut, zu dem passt, was sie tun soll, wie zufriedenstellend die Aufgaben erledigt werden, was man aus der bisherigen Art und Weise der Aufgabenerledigung lernen kann — wir können ja immer nur dann lernen, wenn etwas nicht oder zum ersten Mal gelingt, vorausgesetzt, wir haben die Zeit, die Gelegenheit und die Offenheit zu einer entsprechenden Thematisierung. Auf dieser „Metaebene“ kann man zudem besprechen, wie man zueinander steht, welche Erwartungen man zukünftig aneinander hat, welche Unterstützung man ggf. benötigt usw.
Aus dem Organisationszweck ergeben sich nicht nur die Aufgaben der Führungskraft, sondern — indirekt über Strukturen und Abläufe — auch jene „Aufgabenbündel“ der einzelnen Mitarbeiter. Man kann den Organisationszweck auch als eine Art „Maßstab“ verstehen, anhand dessen beurteilt werden kann, inwiefern eine Handlung auf den Organisationszweck einzahlt oder nicht bzw. wie relevant eine konkrete Handlung für die Erreichung des Zwecks einer Organisation ist.
Kommen wir nun zum eigentlichen Kern dieses Textes, nämlich zum Thema Mitarbeitergespräche. Wenn wir die bisher dargestellten Theorie-Elemente zusammen betrachten — den Zweck der Organisation und den psychologischen Vertrag —, dann scheint die Aufgabe von Führungskräften zunächst zu sein, dafür zu sorgen, dass die Handlungen der Angehörigen der Organisation auf den Zweck einzahlen. Da aber jede einzelne Person auch ganz individuelle Merkmale, Motive, Erwartungen usw. hat, scheint die Aufgabe von Führungskräften zudem zu sein, die psychologischen Verträge ihrer MItarbeiterinnen und Mitarbeiter zu begleiten und gleichsam zu „moderieren“. So wie es in von der Freiheit des Individuums geprägten Gesellschaften kaum möglich ist, einen Organisationszweck einfach anzuordnen oder gar „vollständig“ zu implementieren, so ist es andererseits nicht möglich, die Belange jedes einzelnen Individuums „absolut“ zu setzen, weil es dann kaum mehr geeignete Einzahlungen auf den Organisationszweck gäbe. Eine der wesentlichen Führungsaufgaben bleibt also die Aushandlung eines funktionierenden Verhältnisses zwischen organisationalen und individuellen Interessen.
Ein kurzer Exkurs
Eine der interessanten Fragen unserer Zeit lautet, wie es mit diesem Verhältnis weitergeht — kommen wir doch aus Jahrzehnten, in denen Organisationen hohe Anpassungsleistungen von ihren Angehörigen verlangen konnten — und zwar nicht nur, weil es genug andere gab, die die notwendigen Qualifikationen und Erfahrungen besaßen und auch gern Teil der Organisation gewesen wären, sondern auch, weil das Ausmaß der Individualisierung bei Weitem noch nicht das heutige Maß erreicht hatte.
Heute hingegen sind immer mehr Menschen bereit, ihre eigenen Belange in ein kritisches Vergleichsverhältnis zu den Belangen der Organisation zu stellen (Work-Life-Balance; Will ich so viel arbeiten? Passen die Werte der Organisation zu meinen Werten? Und so weiter…) oder sogar den eigenen Belangen mehr Gewicht einzuräumen als den Erfordernissen des Funktionierens der Organisation — bei gleichzeitig deutlich „dünneren“ nachkommenden Jahrgängen und einer spürbar sinkenden „Stresseintrittsschwelle“ bzw. Belastbarkeit.
Wer viel über Führung nachdenkt, fragt sich vielleicht schon länger, ob sich an dieser Stelle die sprichwörtliche Katze in den Schwanz beißt.
Es ist mindestens eine „interessante Situation“, wenn einerseits ein Bundesminister von einem „Recht auf Home Office“ spricht, während andererseits viele Organisationen unter 24/7‑Bedingungen funktionieren müssen (Krankenhäuser, Rettungsdienste, Feuerwehren, Polizei, Kraftwerke, Fabriken, Flughäfen, Logistik-Zentren, Pflegeeinrichtungen, Bauernhöfe und viele mehr). Nicht erst dann, wohl aber spätestens dann wird deutlich, dass es — höflich formuliert — einen gewissen Abstand gibt zwischen dem, was viele Menschen als Boden der Tatsachen ansehen, und jenem, was in Berlin mitunter verhandelt wird.
Exkurs Ende.
Haltung und Technik
Zurück zu den Mitarbeitergesprächen: Aus den dargestellten Theorien lassen sich bereits die wesentlichen Elemente für Mitarbeitergespräche ableiten:
- Aus der Betrachtung des psychologischen Vertrages bzw. konkreter aus der Fortschreibung der Erwartungen ergibt sich eine gewisse Orientierung an einer Zeitachse (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft). Des Weiteren ergibt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen Individuum und Organisation, das von der jeweiligen Führungskraft begleitet oder „moderierend reflektiert“ wird.
- Aus den Überlegungen zum Zweck der Organisation ergeben sich Implikationen in Bezug auf das Verhältnis zwischen Person und Aufgabe. Durch die Notwendigkeit der Zusammenwirkung mit anderen Menschen und der dadurch erforderlichen Koordination werden zudem die Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten sowie indirekt auch Schnittstellen zu anderen Bereichen relevant.
Daraus ergibt sich bereits eine lange Liste möglicher Fragen:
- Beispiele für Fragen in Anwendung einer Zeitachsen-Logik: Was waren Ihre Erwartungen, als Sie hier begonnen haben zu arbeiten? Wie haben sich diese Erwartungen erfüllt oder nicht erfüllt? Wie war es für Sie, in den vergangenen Monaten auf Arbeit zu kommen? Wie geht es Ihnen momentan mit Ihrer Aufgabe? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
- Beispiele für Fragen in Anwendung einer Verhältnis-Logik zum Zweck der Organisation: Wie klar ist Ihnen Ihre Aufgabe? Wie schätzen Sie die Einarbeitung ein, und wie hat sich Ihr Verhältnis zu Ihrer Aufgabe entwickelt? Sehen Sie hier ggf. Veränderungs- oder Unterstützungsbedarf, und wenn ja, welchen?
- Beispiele für Fragen in Anwendung einer Beziehungs-Logik zu Kolleginnen und Kollegen bzw. zu vorgesetzten Personen: Wie würden Sie Ihren „Weg ins Team“ beschreiben? Wie geht es Ihnen momentan im Team? Welche Aspekte würden Sie ggf. positiv hervorheben bzw. welche Aspekte möchten Sie ggf. kritisch anmerken? Welche Erwartungen haben Sie an das Team und an mich als vorgesetzte Person? Was kann ich aus Ihrer Sicht als vorgesetzte Person ggf. anders machen? Wenn Sie mich einschätzen sollten — wie würde Ihr Feedback an mich als vorgesetzte Person lauten?
Das sind nur drei mögliche Perspektiven und nur einige der möglichen Fragen. Wichtig ist hier nicht etwa eine Vollständigkeit der Liste, sondern eher, dass plausibel wird, dass die Führung von Mitarbeitergesprächen keine besonders schwierige Angelegenheit ist, wenn man weiß, wonach man fragen muss — und sich traut, das Gespräch tatsächlich zu führen. „Wer fragt, führt das Gespräch“ mag eine ältere, aber kaum abgenutzte Erkenntnis lauten. Im Gegenteil: Jede Führungskraft kommt im Zuge ihres Lern- und Reifungsprozesses irgendwann zum ersten Mal und später noch einige Male an dieser Erkenntnis vorbei.
Natürlich sollte man sich als Führungskraft für Menschen interessieren. Auch wenn dieser Fehler schon lange bekannt ist, bedeutet es nicht unbedingt, dass er öfter vermieden wird: Manchmal macht man die beste Fachkraft auch zur Führungskraft. Nur weil jemand etwas gut kann, bedeutet das nicht, dass er oder sie das auch vermitteln (ausbilden, einarbeiten) kann oder dass sie oder er auch gut führen kann. Das ist ähnlich wie im Zusammenhang mit dem Aufbau von Organisationen: Wer eine Organisation erfolgreich aufbaut, ist selten diejenige Person, die eine Organisation erfolgreich betreibt. Aufbau und Betrieb sind unterschiedliche Aufgaben. Die Haltung ist jedenfalls wichtiger als die Technik (Edgar Schein). Die Gesprächsführung erfolgt aus einer bestimmten Haltung (Interesse, Offenheit, Authentizität) heraus; die Techniken (Fragen stellen, aktives Zuhören, zusammenfassen, um nur die wichtigsten zu nennen) ordnen sich der Haltung unter bzw. „folgen“ der Haltung.
Spezialfall: Schwierige Gespräche
Bleibt die Frage nach den schwierigen Gesprächen. Salopp gesagt: Wenn es einfach wäre, würde es sich nicht lohnen, darüber zu schreiben. Anstatt uns hier lange mit Toolboxes oder Phasenmodellen (Einstieg — Selbsteinschätzung — Feedback von der vorgesetzten Person — Feedback an die vorgesetzte Person — Diskussion/Reflexion — Vereinbarungen für die kommenden Monate o.ä.) zu befassen, sei hier auf einige wichtige Dinge verwiesen:
- Mitarbeitergespräche folgen selten prototypischen Verlaufsmodellen. Dennoch ist es hilfreich, die grundlegenden Haltungen (Interesse, Offenheit, Authentizität) und Techniken (fragen, aktiv zuhören, zusammenfassen, ggf. visualisieren) sowie eine Reihe möglicher Verläufe zu kennen.
- Das „Problem“ ist selten das Thema Gesprächsführung an und für sich, sondern eher das Ansprechen von Minderleistung, Fehlverhalten usw. Hier hilft weniger „Technik-Training“, als vielmehr Mut zur Klarheit. Die Technik ist definitiv hilfreich und führt im Besonderen zur Vermeidung eklatanter Fehler in der Gesprächsführung, aber ohne Mut führt selbst die beste Technik allerhöchstens zu einem zwar „höflichen“ oder „korrekten“, aber dennoch der Situation ggf. unangemessenen „Rumgeeier“.
- Schlechte Nachrichten sollen klar und direkt im Hauptsatz ausgesprochen werden. Es gilt der Grundsatz: „Hart in der Sache, weich zu den Menschen“. Dieser Grundsatz ist zwar schon etwas älter, wird aber heuer in konkreten Situationen kaum mehr angewandt, weil man Sorge trägt, dem Gegenüber nicht zu nahe zu treten. Aber wie soll Entwicklung möglich sein, wenn nicht auf der Grundlage von Klarheit? Vermeintliche Höflichkeit (= oft nichts anderes als Selbstschutz) oder Korrektheit (= oft der vermeintliche „Schutz“ des Gegenübers vor „scharfer“ oder gar „diskriminierender“ Ansprache) machen die Sache nicht besser.
- Wie anders soll man etwas Minderleistung oder Fehlverhalten ansprechen als durch klares Feedback? Hier ist einerseits „Mut zur Klarheit“ und andererseits „psychologische Sicherheit“ (die Bereitschaft, kritische Dinge anzusprechen, verbunden mit dem Sicherheitsgefühl ggü. vorgesetzten Personen, dies auch ohne Angst ansprechen zu können) gefragt.
- Es ist also durchaus hilfreich, der Feedback-Regel „Positives zuerst“ zu folgen, weil das Gegenüber dadurch offen bleibt. Gleichzeitig sollte man eine Aufweichung von Kritik ebenso vermeiden wie etwa die Anwendung des so genannten „Sandwich-Modells“, nach dem man positiv beginnen, die Kritik in der Mitte platzieren und das Gespräch wiederum positiv abschließen sollte. Dadurch geht die Kritik verloren bzw. wird die Kritik weniger beachtet, als es ggf. notwendig wäre. Wenn etwas in den Augen der Feedback gebenden Person „Mist“ ist, muss es auch „Mist“ heißen, allerdings ist es nicht hilfreich, wenn von vornherein nur von „Mist“ die Rede ist, weil dann beim Gegenüber bereits zu Beginn des Gesprächs die „inneren Schranken“ geschlossen werden.
Zusammenfassung
Zusammengefasst bedeuten die voranstehenden Zeilen, dass man sich als Führungskraft einerseits für Menschen interessieren sollte und andererseits eine Reihe von theoretischen Konzepten zur Anwendung bringen kann, um gute Mitarbeitergespräche zu führen und ggf. die richtigen Fragen zu stellen oder konstruktives Feedback zu geben und zu erfragen usw. Zudem bedarf es in schwierigen Gesprächen zudem des Mutes zur Klarheit bzw. der Bereitschaft, als Führungskraft auch etwas zu wollen.