Existenzgründung von Kommunikationspsychologen

Als der Stu­di­en­gang Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gie 1997 an der FH Zittau/Görlitz star­te­te (sei­ner­zeit und für etwa zehn Jah­re als Diplom­stu­di­en­gang), waren die spä­te­ren Betä­ti­gungs­fel­der der Absol­ven­ten zunächst ein­mal Ideen. Kurz nach der Jahr­tau­send­wen­de wur­den die ers­ten Absol­ven­ten fer­tig und stell­ten fest: es ist nicht ein­fach. Kein Arbeit­ge­ber kann­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen, und man muss­te viel erklä­ren. Aber es gab ver­schie­de­ne Berufs­fel­der, in denen Absol­ven­ten gut anka­men. Meh­re­re Absol­ven­ten sind bei SAP gelan­det, vie­le wei­te­re im Usa­bi­li­ty-Bereich gene­rell. Eini­ge sind an Uni­ver­si­tä­ten gegan­gen und haben pro­mo­viert. Vie­le arbei­ten im sozia­len Bereich als Fami­li­en­hel­fer, Erzie­hungs­be­ra­ter, in sel­te­nen Aus­nah­me­fäl­len ist sogar der Weg in die The­ra­pie gelun­gen. Ein gro­ßer Teil ist zu Bil­dungs­trä­gern gegan­gen. Die Wei­ter­bil­dung bie­tet als „schnell­dre­hen­de“ Bran­che ja immer wie­der Ein­stiegs­mög­lich­kei­ten. So lan­ge es den Ver­tie­fungs­be­reich „Wer­bung und Infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tung“ noch gab, haben Absol­ven­ten auch immer wie­der ihren Weg in die Markt­for­schung und die Wer­bung gefun­den. Und so weiter.

Hier soll es um die gehen, die sich selb­stän­dig gemacht haben, und um die­je­ni­gen, die sich mög­li­cher­wei­se selb­stän­dig machen wol­len. Selbst zur Grup­pe der frei­be­ruf­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen gehö­rend, mei­ne ich, dass das Stu­di­um gera­de den­je­ni­gen gute Vor­aus­set­zun­gen bie­tet, die gern unab­hän­gig und frei arbei­ten möch­ten. Gro­ße Tei­le des (mög­li­chen) Fel­des sind noch nicht bestellt. Kaum einer weiß etwas mit uns anzu­fan­gen, weil wir unbe­kannt sind. Ein Nach­teil? Klar, wenn es die Erfah­rung gelehrt hat. Oder wenn man vor­ge­fer­tig­te Wege sucht. Aber die­je­ni­gen, die sich ihre Wege sel­ber suchen wol­len, die ihre eige­ne Che­fin sein möch­ten, kön­nen die Per­spek­ti­ve her­um­dre­hen. Sie kön­nen ihren Gesprächs­part­nern erklä­ren, was Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gie ist, und was man damit machen kann. Und damit das Feld ein Stück weit selbst defi­nie­ren und erwei­tern. Das hat frei­lich auch Gren­zen, aber oft genug geht es. Ein Bei­spiel? Ori­gi­nal­zi­tat aus einer E‑Mail eines Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen, in der es um den Gör­lit­zer Diplom­ab­schluss ging:

„Ich habe Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gie an der FH Zittau/Görlitz stu­diert. Der Stu­di­en­gang ist ein auf bera­te­ri­sche Inter­ven­tio­nen aus­ge­leg­ter und pra­xis­ori­en­tier­ter Stu­di­en­gang. Die Tat­sa­che, dass der Stu­di­en­gang ein­ma­lig in Deutsch­land und recht klein ist (ca. 25 Absol­ven­ten pro Jahr), bedingt, dass Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen regel­mä­ßig Fra­gen zu beant­wor­ten haben. Eine der Ant­wor­ten lau­tet: Betrach­tet man bei­spiels­wei­se die Inhal­te von Coa­ching- oder Super­vi­si­ons­aus­bil­dun­gen, so wird man in der Regel Kon­zep­te fin­den, die Gör­lit­zer Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen meh­re­re Jah­re stu­diert haben (bspw. sys­te­mi­sche Inter­ven­ti­ons­me­tho­den), anstatt sie in einer – zwar pro­fes­sio­nel­len und umfang­rei­chen, aber den­noch vom Gesamt­um­fang her deut­lich gering­fü­gi­ge­ren – berufs­be­glei­ten­den Wei­ter­bil­dung zu erlernen.“

Im Semi­nar „Exis­tenz­grün­dung von Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen“ an die­sem Wochen­en­de ging es um die Fra­ge, wie sich Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen selb­stän­dig machen kön­nen. Und weil es wahr­schein­lich das letz­te Mal war, dass die­ses Semi­nar statt­ge­fun­den hat, sei­en hier eini­ge wich­ti­ge Inhal­te zusamm­e­fas­send dargestellt:

Selbst­klä­rung

Es gibt eine Rei­he von Unter­su­chun­gen zu den Moti­ven, sich selb­stän­dig zu machen. Die häu­figs­ten Nen­nun­gen mit bis zu zwei Drit­teln der Befrag­ten sind dabei regel­mä­ßig Vari­an­ten der Sät­ze: „Ich möch­te mei­ne Arbeit mög­lichst frei und unab­hän­gig gestal­ten.“ und „Ich möch­te kei­nen Chef haben.“ Dem­entspre­chend ist die Selbst­klä­rung bezüg­lich der Fra­ge, wel­che Moti­va­ti­on man für sei­nen Beruf mit­bringt, der viel­leicht wich­tigs­te Aspekt des Semi­nars. Wie will ich arbei­ten? Wofür ste­he ich gern auf? Was inter­es­siert mich – als Pri­vat­mensch wie auch als (ange­hen­de) Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gin? Wie hat sich mei­ne bis­he­ri­ge beruf­li­che Ent­wick­lung gestal­tet? War­um stu­die­re ich Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gie? Was bei der Beant­wor­tung die­ser Fra­gen her­aus­kommt, ist eine Annä­he­rung an die „Anker des eige­nen Berufs­we­ges“ (eine schö­ne Metho­de dazu sind die „Kar­rie­re­an­ker“ von Edgar Schein), ein Stück weit auch an die per­sön­li­chen „Lebens­the­men“. Wenn hier For­mu­lie­run­gen und Begrif­fe wie „Ich will das aus­pro­bie­ren.“ oder „Unab­hän­gig­keit ist mir wich­tig.“ oder „Ich habe da auf­ge­hört, weil es mir nicht gereicht hat, mich nicht erfüllt hat. Ich will ‚hin­ter‘ die Din­ge sehen und sie bes­ser ver­ste­hen.“ eine Rol­le spie­len, steht es um die per­sön­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für eine Selb­stän­dig­keit alles ande­re als schlecht. Gestal­tungs­wil­le, das Bedürf­nis nach Unab­hän­gig­keit und die Bereit­schaft, stän­dig zu ler­nen und bes­ser zu wer­den, häu­fig ver­bun­den mit der Erfah­rung, dass das in fes­ten Arbeits­ver­hält­nis­sen oft nur in sehr engen Gren­zen mög­lich ist, sind nach mei­ner Erfah­rung aus vie­len Gesprä­chen mit selb­stän­di­gen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen wesent­li­che Ele­men­te der Moti­va­ti­on, ein eige­nes Unter­neh­men zu grün­den. Die­se Moti­va­ti­on scheint mir übri­gens zunächst unab­hän­gig von einer kon­kre­ten Idee zu exis­tie­ren. Die Ideen kom­men dann schon, das „Samen­korn“ der spä­te­ren Pflan­ze ist aber der ganz indi­vi­du­el­le „Moti­va­ti­ons­an­ker“.

Es gibt mitt­ler­wei­le eine ansehn­li­che Lis­te von selb­stän­di­gen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen, die mit ihren Unter­neh­men recht erfolg­reich sind. Genannt sei­en stell­ver­tre­tend Harald Stein­hau­sen, der als frei­be­ruf­li­cher Trai­ner arbei­tet, Sebas­ti­an Kün­zel, der seit zehn Jah­ren eine Wer­be­agen­tur betreibt, und Lars Otto, der spe­zi­el­le Out­door­trai­nings durch­führt. In jün­ge­rer Zeit haben sich bei­spiels­wei­se Ben­ja­min Zips als Bera­ter und Burk­hard May als Coach selb­stän­dig gemacht.

Im Semi­nar haben wir vor allem an eige­nen Ideen und mög­li­chen Wegen in die Selb­stän­dig­keit gear­bei­tet. Ich habe die wich­tigs­ten Fra­gen zur Ideen­fin­dung und Kon­zept­ent­wick­lung zu zwei gro­ßen Fra­ge­blö­cken zusam­men­ge­fasst, die von den Teil­neh­mern in Zwei­er­grup­pen bear­bei­tet und anschlie­ßend in der gro­ßen Grup­pe prä­sen­tiert und dis­ku­tiert wurden.

Ers­ter Frageblock:

  1. Was bewegt mich? Wofür ste­he ich ger­ne auf? Wann habe ich „Flow-Erleb­nis­se“?
  2. Was kann ich gut (fach­lich und privat)?
  3. Was inter­es­siert mich (fach­lich und privat)?
  4. Wel­che The­men aus dem Stu­di­um inter­es­sie­ren mich so, dass ich mir vor­stel­len könn­te, in die­sem Bereich zu arbeiten?
  5. Wel­che Fähig­kei­ten, die ich schon habe, wer­den durch das Stu­di­um weiterentwickelt?
  6. Wel­che Mög­lich­kei­ten bie­tet der Markt?

Die Ant­wor­ten auf die­se Fra­gen wur­den für jede Grup­pe visua­li­siert und anschlie­ßend vor dem Hin­ter­grund der Berufs­fel­der, in denen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen tätig sind, dis­ku­tiert. Dies dien­te zunächst vor allem der Selbst­klä­rung und der Ana­ly­se der (gene­rel­len) Möglichkeiten.

Die Berufs­fel­der, in denen (teils weni­ge, oft aber meh­re­re) Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen tätig sind: Aus- und Wei­ter­bil­dung (bspw. Bil­dungs­trä­ger), For­schung (wiss. Mit­ar­bei­ter, Dis­ser­ta­ti­ons­vor­ha­ben u. a.), Mul­ti­me­dia (User-Inter­face-Design, Usa­bi­li­ty, neu­er­dings auch Soft­ware-Tests), Jour­na­lis­mus (Redak­teu­rin­nen, Lokal-TV), Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on (Wer­bung, PR, Event­ma­nage­ment, Fund­rai­sing u. a.), Bera­tung und Sozia­le Arbeit (bspw. Sucht­prä­ven­ti­on, Fami­li­en­hil­fe), Trai­ning und Coa­ching, Per­so­nal (Per­so­nal­ab­tei­lun­gen, Per­so­nal­ver­mitt­lun­gen), Öffent­li­cher Dienst (z. B. Fall­ma­na­ge­rin­nen), Pro­jekt­ma­nage­ment und ‑ent­wick­lung, Wer­bung, Markt­for­schung, Gestal­tung (bspw. Design, Foto­gra­fie), Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit und Kri­sen­in­ter­ven­ti­on. Die­se Lis­te hat kei­nen Anspruch auf Voll­stän­dig­keit, soll aber das tat­säch­lich vor­han­de­ne Spek­trum dar­stel­len. Eini­ge Berei­che sind für Exis­tenz­grün­dun­gen gut geeig­net, ande­re weni­ger. Die meis­ten Grün­dun­gen gibt es nach mei­nem Dafür­hal­ten im Bereich „Bera­tung, Trai­ning, Coaching“.

Der zwei­te Fra­ge­block des Semi­nars ori­en­tier­te sich an den fünf ent­schei­den­den Fra­gen des Manage­ments nach Peter Drucker:

  1. Was ist der Exis­tenz­grund / die Visi­on des Unter­neh­mens / der Gründungsperson?
  2. Wer sind die pri­mä­ren Ziel­grup­pen, also die Kun­den? Wel­che Bedürf­nis­se der Kun­den oder Kli­en­ten bedient das Pro­dukt oder die Dienst­leis­tung? War­um sol­len Kun­den oder Kli­en­ten für das Pro­dukt oder die Leis­tung Geld ausgeben?
  3. Wer sind sekun­dä­re Ziel­grup­pen? Die­se Fra­ge bedeu­tet so viel wie: Wer soll/muss gut über das Unter­neh­men spre­chen oder dem Unter­neh­men wohl­ge­son­nen sein?
  4. Wel­che Pro­duk­te lei­ten sich aus den bis­he­ri­gen Über­le­gun­gen ab? Mit wel­chen Pro­duk­ten oder Dienst­leis­tun­gen sol­len die Kun­den- oder Kli­en­ten­be­dürf­nis­se bedient werden?
  5. Mit wel­chen Mar­ke­ting­ak­ti­vi­tä­ten kön­nen die Ziel­grup­pen erreicht wer­den bzw. die Pro­duk­te oder Leis­tun­gen bekannt gemacht werden.

Dar­über hin­aus wur­den die Teil­neh­mer gebe­ten, den gro­ben Finanz­be­darf für das ers­te Jahr zu ermit­teln (grund­le­gend not­wen­di­ge Inves­ti­tio­nen; monat­li­che Kos­ten ein­schließ­lich Gehalt), um dann in etwa den Soll-Umsatz und das sich dar­aus erge­ben­de etwa­ige Hono­rar pro Tag oder Stun­de zu ermitteln.

Anhand die­ser Ori­en­tie­rung haben die Teil­neh­mer ihre Ideen erar­bei­tet. Anschlie­ßend wur­den die­se prä­sen­tiert und dis­ku­tiert. Es hat mir viel Freu­de gemacht, die neu­en kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gi­schen Unter­neh­mens­ideen in den Arbeits­grup­pen wach­sen zu sehen. Vie­len Dank für das Enga­ge­ment und das inter­es­san­te Seminar!

Die hier beschrie­be­ne Metho­de ist vor allem zur Selbst­klä­rung und zum Fin­den und ers­ten Beschrei­ben von Ideen geeig­net. Wer sei­ne Ideen wei­ter kon­kre­ti­sie­ren will oder bereits eine in gewis­sem Maße umris­se­ne Idee hat, dem hilft das Busi­ness Model Can­vas wei­ter, das als schnel­le­re (und oft aus­rei­chen­de) Alter­na­ti­ve zum eher auf­wän­di­gen Busi­ness­plan ver­wen­det wer­den kann. Einen „rich­ti­gen“ Busi­ness­plan braucht man, wenn man För­der­mit­tel oder Kre­di­te haben möch­te. Wenn man die nicht braucht, ist es oft schlicht unnö­ti­ge Arbeit, einen Busi­ness­plan zu erstellen.

business canvas model

Abbil­dung: Busi­ness Model Can­vas mit kon­kre­ten Fra­gen (Dar­stel­lung in Anleh­nung an Abbil­dun­gen und For­mu­lie­run­gen auf die­ser Web­site)

Zum Schluss noch ein paar ganz prak­ti­sche Tipps für (ange­hen­de) Freiberufler:

  1. Jeder Euro, den man ver­dient, ist nur ein hal­ber Euro, den man hat: Es lohnt sich, von Anfang an ein „Fünf-Kon­ten-Modell“ zu betrei­ben. Auf dem (1) Geschäfts­kon­to geht das Geld ein. 35 Pro­zent der ein­ge­hen­den Beträ­ge wer­den sofort auf das (2) Steu­er­kon­to (Umsatz­steu­er, Ein­kom­men­steu­er) gelegt (wenn man nicht umsatz­steu­er­pflich­tig ist, rei­chen in der Regel anfangs etwa 15 Pro­zent). Ein wei­te­rer, gerin­ger Pro­zent­satz (emp­foh­len zwi­schen drei und fünf Pro­zent) geht auf ein (3) Rück­la­gen­kon­to für betrieb­li­che Anschaf­fun­gen (Rech­ner, Trai­ner­kof­fer, Dienst­wa­gen etc.). Dann zahlt man sich monat­lich ein Gehalt auf ein (4) Gehalts­kon­to, von dem dann Ren­ten­ver­si­che­run­gen, Kran­ken­ver­si­che­rung, Pri­vat­mie­te etc. abge­hen, und von dem aus man wie­der­um Geld auf ein (5) pri­va­tes Spar­kon­to (Urlaub, Fami­lie, ergän­zen­de Alter­vor­sor­ge, Hob­bies etc.) zurück­legt. Wenn man das kon­se­quent durch­hält, ist die Wahr­schein­lich­keit recht gering, in Liqui­di­täts­schwie­rig­kei­ten zu gera­ten, eine mitt­le­re bis gute Auf­trags­la­ge vor­aus­ge­setzt, was aber in der Regel eine Fra­ge der kon­se­quen­ten Akqui­se ist.
  2. Emp­feh­lung zur Akqui­se: Zeit­fens­ter im Kalen­der fest­le­gen und in der Zeit nichts ande­res machen als tele­fo­nie­ren, bspw. drei Stun­den pro Woche nur tele­fo­nie­ren. Die Recher­che muss man natür­lich vor­her gemacht haben. Auch wich­tig: Man soll­te die Akqui­se ein wenig doku­men­tie­ren und sich Noti­zen zum Gesprächs­ver­lauf machen, um dar­aus zu ler­nen. Auch wich­tig: Wenn man akqui­riert, akqui­riert man. Kei­ne Ersatz­hand­lun­gen, kei­ne Ziga­ret­ten auf dem Bal­kon, kei­ne Spa­zier­gän­ge durch die Woh­nung, kei­ne noch so klei­ne Auf­schie­be­ri­tis. Wenn man sich dran hält, wird Akqui­se nach weni­gen Tagen selbst­ver­ständ­lich. Wenn man immer wie­der „Zwi­schen­tän­ze“ ein­legt, bleibt es eine unge­lieb­te Zusatzaufgabe.
  3. Wenn man es schafft, nach dem Stu­di­um die ers­ten drei, vier Jah­re der Berufs­tä­tig­keit noch zu leben wie als Stu­dent, das dadurch nicht benö­tig­te Geld zurück­zu­le­gen und nach drei oder vier Jah­ren ein­mal für die Ren­te zu inves­tie­ren (natür­lich nicht alles in Akti­en, son­dern klug ver­teilt) und dann bis ins Alter nicht mehr anzu­fas­sen, soll­te kei­ne Vor­sor­ge­pro­ble­me bekommen.
  4. Wenn man etwas in Bezug auf steu­er­li­che Fra­gen nicht weiß, kann man mit dem Finanz­amt spre­chen. In der Regel sind die Mit­ar­bei­ter dort recht freund­lich. Von Steu­er­be­ra­tern kann man nicht unbe­dingt „pro­ak­ti­ve Bera­tung“ erwar­ten. Manch­mal wünscht man sich im Nach­hin­ein, dass der Steu­er­be­ra­ter hät­te auf etwas hin­wei­sen sol­len. Die Finan­zen selbst im Griff zu haben, ist immer bes­ser, als sich blind auf Steu­er­be­ra­ter zu verlassen.
  5. Ansons­ten ist es für Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­lo­gen recht ein­fach, sich selb­stän­dig zu machen. Man braucht eine Steu­er­num­mer (bekommt man auf ein­fa­che Anfra­ge beim Finanz­amt), fragt das Finanz­amt, wie man sich steu­er­lich posi­tio­nie­ren soll (abhän­gig vom erwar­te­ten Umsatz zunächst als Klein­un­ter­neh­mer oder nicht), und dann geht es auch schon los. Web­sei­ten gibt es mitt­ler­wei­le fast kos­ten­los, einen Lap­top hat heu­te ohne­hin jeder Stu­dent, und dann braucht man viel­leicht noch ein paar Flip­chart­stif­te und ein Auto. Und dann: Recher­che, Akqui­se und immer wie­der die eige­nen Kom­pe­ten­zen und den eige­nen Auf­tritt und die eige­nen wei­ter­ent­wi­ckeln. Wenn man sich lang­fris­tig gut posi­tio­nie­ren will, hilft ein eige­nes Fach­buch mehr als eine Dis­ser­ta­ti­on, soll Frie­de­mann Schulz von Thun mal gesagt haben. Den Rest lernt man durch die Arbeit selbst und durch Gesprä­che mit Kol­le­gen (bei­spiels­wei­se, wie die eige­nen Ange­bo­te, The­men und Metho­den wei­ter­zu­ent­wi­ckeln sind).

Sonst noch was? Ach ja: Es macht Spaß, und man ist tat­säch­lich viel unab­hän­gi­ger als in einem fes­ten Job. Man soll­te dies­be­züg­lich auch wis­sen, dass man nach Jah­ren in der Frei­be­ruf­lich­keit nicht mehr so recht kom­pa­ti­bel für Ange­stell­ten­jobs ist. Frei­heit hin­ter­lässt Spu­ren, die schwer rever­si­bel sind 😉

Jörg Hei­dig

PS: Die Hin­wei­se auf das Busi­ness Model Can­vas und das Fünf-Kon­ten-Modell ver­dan­ke ich Johan­nes Con­zel­mann vom KIB-Insti­tut, mit dem ich das Semi­nar in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zwei Mal gemein­sam durch­ge­führt habe. Vie­len Dank!

PPS: Vie­len Dank auch an Karl-Heinz Rei­che von der Grün­der­aka­de­mie der Hoch­schu­le Zittau/Görlitz, der das Semi­nar immer wie­der mög­lich gemacht hat.

Von Jörg Heidig

Dr. Jörg Heidig, Jahrgang 1974, ist Organisationspsychologe, spezialisiert vor allem auf Einsatzorganisationen (Feuerwehr: www.feuerwehrcoach.org, Rettungsdienst, Polizei) und weitere Organisationsformen, die unter 24-Stunden-Bedingungen funktionieren müssen (bspw. Pflegeheime, viele Fabriken). Er war selbst mehrere Jahre im Auslandseinsatz auf dem Balkan und hat Ende der 90er Jahre in Görlitz Kommunikationspsychologie studiert. Er schreibt regelmäßig über seine Arbeit (www.prozesspsychologen.de/blog/) und hat eine Reihe von Büchern veröffentlicht, darunter u.a. "Gesprächsführung im Jobcenter" oder "Die Kultur der Hinterfragung: Die Dekadenz unserer Kommunikation und ihre Folgen" (gemeinsam mit Dr. Benjamin Zips). Dr. Heidig lebt in der Lausitz und begleitet den Strukturwandel in seiner Heimat gemeinsam mit Stefan Bischoff von MAS Partners mit dem Lausitz-Monitor, einer regelmäßig stattfindenden Bevölkerungsbefragung (www.lausitz-monitor.de). In jüngster Zeit hat Jörg Heidig gemeinsam mit Viktoria Klemm und weiteren Kolleginnen im Landkreis Görlitz einen Familienhilfe-Träger aufgebaut. Dr. Heidig spricht neben seiner Muttersprache fließend Englisch und Bosnisch/Serbisch/Kroatisch sowie Russisch. Er ist an der Landesfeuerwehrschule des Freistaates Sachsen in Nardt und an mehreren Universitäten und Hochschulen als Lehrbeauftragter tätig, darunter an der Hochschule der Sächsischen Polizei und an der Dresden International University. Sie erreichen Dr. Heidig unter der Rufnummer 0174 68 55 023.