Die Ausgangssituation
An einem regenverhangenen Samstagmorgen muss Peter K. zu einer Weiterbildung. Er hat keine Lust, will lieber den Garten winterfest machen. Aber er muss. Jedes Jahr drei Tage. Donnerstag, Freitag, Samstag. Zwei Tage sind offizielle Arbeitszeit. Dass sie am Samstag „auf eigene Kosten“ teilnehmen, wird von den Mitarbeitern einfach erwartet. Einige Themen hat er schon gefühlte hundert Mal gehört. Er kommt an, der Raum ist schon voll, es riecht nach nassen Jacken. Die Jalousien hängen schief, die Rauhfaser hätte schon vor Jahren einen neuen Anstrich vertragen. Der Kaffeeautomat auf dem Gang rasselt und produziert etwas, das Peter K. nicht Kaffee nennen will. Dann kommt der Dozent, begrüßt die Teilnehmer und stellt sein Thema vor. Jemand stöhnt vernehmlich. Der Dozent rechtfertigt sich, dass das Thema mit der Akademie so vereinbart sei. Ob man sich nicht vorstellen könne, dass man das in der Praxis gebrauchen kann. Leises Brummen in der Gruppe. Peter K. meldet sich und sagt, dass er das Thema schon kennt und dass er eigentlich keine Lust hat, seinen Samstag dafür zu opfern.
Was macht der Dozent? Legt einen drauf und sagt den folgenden Satz: „Sie sind nicht verpflichtet, an dieser Weiterbildung teilzunehmen. Sie können gerne gehen und schauen, ob Sie eine bessere Weiterbildung finden.“
Was sagt der Dozent damit über sich aus? Kommunikation ist in der Regel auf Selbstschutz ausgerichtet. Wir kommunizieren nicht offen, sondern so, dass wir unser Gesicht wahren und unangenehme Dinge verpacken. Klappt das nicht, verteidigen wir uns direkt durch Rechtfertigungen, Gegenangriffe etc.
Was könnte der Dozent stattdessen tun?
- Wenn ein Problem auftritt, dann kann man daraus etwas lernen: Wenn Seminarteilnehmer diskutieren oder mit dem Angebot nicht zufrieden sind, ist das in der Regel ein Zeichen für Motivation. Man kann sich auf die Ziele einigen, also erst Erwartungen abfragen, dann das eigene Ziel und die vorbereitete Struktur erläutern (oder umgekehrt) und sich dann einigen. Das hebt Laune und Motivation oft schon erheblich.
- Scheinbar Unerträgliches wird sofort erträglicher, wenn man darüber spricht: Bei halb oder ganz verpflichteten Teilnehmern kann es helfen, die erste Zeit des Seminars nur zum „Meckern“ zu verwenden. Man stellt vielleicht einige Fragen und lässt die Teilnehmer erst einmal erzählen. Nach einer Weile mit weiteren Fragen stellt man dann die entscheidende Frage: „Und was müsste passieren, damit Sie hier trotzdem etwas davon haben?“
- Wichtig ist, dass man nicht anfängt zu diskutieren: Ob jemandem eine Weiterbildung gefällt, ist immer eine sehr individuelle Frage. Diskutiert man und rechtfertigt man sich, kommt zu den individuellen Einwänden schnell noch die Gruppendynamik hinzu, und dann wird es komplizierter. Fragt man hingegen gezielt nach und fragt man auch zurückhaltende Personen nach ihrer Meinung, wird man des „Binnespektrums“ der Meinungen der Anwesenden gewahr und läuft nicht Gefahr, sich an der Meinung weniger „festzubeißen“. Durch Diskussion entsteht schnell schlechte Stimmung, die auch auf die anfangs noch offenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer übergreift.
- Durch Fragen komme ich an Informationen darüber, wie es trotzdem funktionieren kann: Selbst in ganz komplizierten Gruppen kippt die Kritik erfahrungsgemäß nach etwa 30 Minuten ins Positive, wenn man es nur schafft, immer weiter zu fragen und die Kritik nicht persönlich zu nehmen. Dabei sollte man auch seine Rolle klären: Was kann ich anbieten? Was kann ich nicht? Was ist der organisatorische/vorgegebene Rahmen? Welche Inhalte/Elemente sind unverzichtbar? Wo habe ich Spielräume?
Die Theorie „dahinter“
Wenn Menschen zusammenkommen, geht es in der Regel zunächst um den „Status“. Im Leben erwachsener Menschen ist der Selbstwert die wichtigste psychologische Einflussvariable (soziologisch würde man vom „sozialen Status“ sprechen). Den Teilnehmern einer Weiterbildungsgruppe geht es – wie auch den Mitgliedern eines Teams oder den Protagonisten anderer Zusammenkünfte – um die Aufrechterhaltung oder Steigerung ihres Selbstwerts. Situationen werden also danach beurteilt, ob man sich sicher fühlen kann. Ahnt man Herabsetzung oder gar drohenden Gesichtsverlust, wird man versuchen, sich zu schützen. Daher kommen die Handlungsweisen in schwierigen Situationen: durch Rechtfertigungen, Ausflüchte, Gegenangriffe oder etwa die Darstellung der eigenen Person als Opfer der Umstände versucht man, drohenden Status- oder Gesichtsverlust abzuwenden. Wenn sich nun also ein Weiterbildungsteilnehmer beschwert, dann heißt das zunächst, dass er motiviert ist, etwas zu sagen. Sie oder er hat also in keinem Fall „abgeschalten“. Das ist in jedem Fall wichtig zu wissen. Reagiert ein Dozent nun mit der wiederholten Darstellungen des Ziels der Weiterbildung, ermahnt er den Teilnehmer oder beginnt er gar zu diskutieren, durchkreuzt er die Anmerkungen des Beschwerdeführers und verletzt ihn damit in seinem Status. Das Gegenüber wird dies in der Regel als Herabsetzung empfinden, auch wenn dies selten zum Ausdruck kommt. Das Gegenüber wird dann nicht sagen „Ich fühle mich herabgesetzt.“, sondern entweder schweigen und später in der Pause zu anderen Teilnehmern über „Ignoranz“ oder „Arroganz“ sprechen oder eben seinerseits beginnen zu diskutieren, was allzu oft direkt in die Eskalation führt. Ist die Situation erst einmal eskaliert, sind die Methoden der Macht („Sie können ja gehen, wenn es Ihnen nicht passt!“ oder ähnliche Oberhandtechniken) nicht weit. Beide Seiten lassen sich also auf ein „Ping-Pong-Spiel“ darüber ein, wer hier ansagen darf, wo es langgeht. In vielen Situationen gewinnen Dozenten dieses Spiel, aber spätestens die Lernmotivation und die Einstellung gegenüber den Inhalten der Weiterbildung leiden darunter.
Ein paar einfache Techniken, um das Status-Spiel zu umgehen und eine hilfreiche Beziehung herzustellen:
- Erwartungen abfragen und die eigenen Inhalte daran anpassen, indem man die vorbereiteten Inhalte nach der Erwartungsabfrage präsentiert und sich mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern explizit auf einen gemeinsamen Inhalt einigt
- Wenn Kaffee und Kekse oder kleine Snacks zugänglich sind, hebt das die Stimmung erheblich. In Untersuchungen hat man zudem festgestellt, dass es einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Beurteilung einer Weiterbildung und der wahrgenommenen Qualität der gastronomischen Versorgung gibt. Essen ist zudem die beste „hierarchienivellierende“ Aktivität, die es gibt. Beim Essen sind alle Menschen gleich. Kaum eine andere gemeinsame Aktivität schafft schneller und mehr Vertrauen, als gemeinsam zu essen.
Die Arbeit am Sinn als wichtigste Methode überhaupt
Im Grunde genommen sollen die Teilnehmer etwas lernen. Als Dozent teilen Sie etwas mit, die Teilnehmer hören sich das an, fertig.
Ist es wirklich so einfach? Versetzen Sie sich bitte einmal in die Rolle eines Teilnehmers. Man macht seinen Job, und das in der Regel nicht schlecht. Man arbeitet im Team, kommt mit den Kollegen halbwegs klar und hat in der Regel noch keine Abmahnung abgefasst. Da gibt es ein paar neumodische Methoden, ok, aber im Alltag braucht man die kaum. Bis jetzt hat es immer geklappt. Zuhause warten Hund, Garten, Kinder und Frau, aber man muss drei Tage auf eine Weiterbildung. Die Begeisterung hält sich in Grenzen.
Selbst wenn es nicht so dramatisch sein mag – die Motivation, an einer Weiterbildung teilzunehmen, kann sehr unterschiedlich sein:
- Es interessiert mich wirklich.
- Ich muss an der Weiterbildung teilnehmen.
- Es ist schon Gewohnheit, diese Weiterbildung einmal im Jahr über mich ergehen zu lassen.
- Mischformen aus den drei Gründen.
Wenn es mich wirklich interessiert, bin ich auch motiviert. Dann sind die didaktischen Fähigkeiten des Dozenten sekundär, denn ich will es ja wissen. Wenn es mich nicht interessiert, dann sehe ich keinen Sinn darin. Und hier finden Sie den Ansatzpunkt für die vielleicht wichtigste didaktische Technik überhaupt – die Arbeit mit dem Sinn.
Wenn die Teilnehmer einen Sinn sehen, ist alles gut. Dann können Sie loslegen, ab und an mal ein Zwischenfazit ziehen und fragen, wie der Stil passt und was sich die TN wünschen, und dann können Sie sich am Ende des Tages über ein gutes Feedback freuen.
Sehen die Teilnehmer keinen Sinn, bleibt Ihnen nur, trotzdem mit den Teilnehmern eine Beziehung aufzubauen, zu fragen, warum die Teilnehmer zu dieser Haltung kommen und wie Sie als Dozent trotzdem hilfreich sein können. Dann sind Sie schnell beim Thema Sinn und hören, was Sie konkret machen können und wo sich Ansatzpunkte ergeben, die Weiterbildung doch noch sinnvoll zu gestalten.
Die Beziehung zwischen Dozenten und Teilnehmern: der „psychologische Vertrag“
Wir bauen Vertrauen zu anderen Menschen auf, wenn diese uns Interesse entgegen bringen. Wichtig ist dabei, dass dieses Interesse nicht automatisiert erscheint, sondern echt ist. Stellen Sie also Fragen, auf die Sie selbst noch nicht die Antwort kennen.
In vielen Zeitungsartikeln und Ratgeberbüchern steht, dass man Vertrauen vor allem durch Wertschätzung aufbauen kann. Aber wie geht das? Was ist eigentlich Wertschätzung? Eigentlich ist ja jeder Mensch ein Experte für Wertschätzung – wenn es in einem Team oder in einer Familie nicht mehr funktioniert, sprechen die Beteiligten oft von mangelnder Wertschätzung oder fehlendem Respekt. Aber wie genau funktioniert das? Was muss jemand machen, damit Sie sich wertgeschätzt fühlen?
Im Prinzip ist das gar nicht so schwer – wenn da der Alltag, die Gewohnheit, der Druck, die mürrischen Gesichter der anderen, der Winter, der zwölfte Teilnehmer mit den immer gleichen Fragen und so weiter nicht wären! Sie müssen auch nicht alle Punkte der folgenden Aufzählung berücksichtigen – ein Lächeln reicht oft schon 😉
- Grundsätzlich gilt das „erste Gesetz der Gesprächsführung“: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Wenn ich selbst eine interessierte, wertschätzende Grundhaltung einnehme, bekomme ich dafür Vertrauen.
- Lächeln und Wertschätzung: Eine Teilnehmerin, die Sie schon kennen, kommt herein und sieht abgekämpft aus. Nun will kaum jemand hören, dass er gerade abgekämpft aussieht. Aber jeder Mensch freut sich über ein ehrliches Lächeln in Verbindung mit dem Satz: „Schön, Sie hier zu sehen!“ Nicht übertrieben – bleiben Sie bitte „echt“ und sagen Sie solche Sätze nur, wenn Sie es auch so meinen.
- Körpersprachliche Aufmerksamkeit: Beobachten Sie Ihr Gegenüber ein wenig. Versuchen Sie, ab und an ins Gespräch einzuflechten, was Sie sehen. Das können sehr kleine und beinahe belanglose Dinge sein – Ihr Gegenüber wird Ihnen das aber nie vergessen! Wenn Sie beispielweise danach fragen, wo die Frisur her ist oder wie man es schafft, an einem solchen Tag zu lächeln (oder andersherum), dann zeigt das echtes Interesse. Wenn jemand brummig ist, können Sie beispielsweise ein wenig gedrückt fragen: „Was ist den los?“ Oder wenn jemand besonders stark lächelt, können Sie sich nach dem Grund der Freude erkundigen. Wenn jemand sorgenvoll guckt, können Sie beispielsweise einfach fragen: „Wie geht es Ihnen?“
- Weniger mitteilen, mehr fragen: Wir sind gewohnt, einander vor allem Dinge mitzuteilen. Gerade Dozenten neigen dazu – quasi Berufskrankheit 😉 Krass ausgedrückt: ehe wir eine Frage stellen, muss schon viel passieren. In der Regel sehen wir andere Menschen an und machen uns sofort ein Bild von Ihnen. Probieren Sie mal den folgenden Trick aus und beobachten Sie, was mit einem Gespräch passiert, wenn Sie das so machen: Denken Sie, dass Sie über eine Person gar nichts wissen. Wenn Ihnen Ihr Kopf schon Vorschläge macht („hat keinen Bock“; „die schon wieder“ etc.), formen Sie diese Gedanken bitte in Fragen um, und zwar nicht in „geschlossene“ Fragen („Haben Sie keinen Bock?“), sondern in offene, interessierte Fragen: „Darf ich fragen, was Sie bewegt hat, hier teilzunehmen?“ oder schlicht: „Wie sind Sie denn hergekommen?“ oder schon etwas zutraulicher: „Wenn Sie erlauben; ich interessiere mich immer ein bisschen für die Leute, die hierher kommen: Darf ich fragen, woher Sie kommen?“ oder: „Was machen Sie denn so, wenn Sie nicht gerade in einer Weiterbildung sitzen?“
Mit Wertschätzung ist übrigens nicht LOB gemeint. Falsch platziertes – oder gar zu viel – Lob kann gegenteilige Wirkungen haben. Mit Wertschätzung ist hier eher eine interessierte Aufmerksamkeit oder neugierige, Menschen mögende Grundhaltung gemeint. Es gibt Menschen, die gerne nett sind. Und mit „nett“ ist hier nicht „überfreundlich“ oder gar „anbiedernd“ gemeint, sondern offen und interessiert. Das reicht schon völlig. Wenn dann noch ein kleines Quentchen einer im besten Sinne des Wortes „demütigen“ oder „gern dienenden“ Haltung hinzukommt, ist alles perfekt.
Sie sind aber nicht demütig? Und schon gar keine Diener? Zugegeben, diese Worte sind vielleicht ein wenig altmodisch.
Letzthin besteht zwischen Dozenten und Teilnehmern eine Art ungeschriebenen Vertrags, ein „psychologischer Vertrag“. Dieser Vertrag besteht aus gegenseitigen Erwartungen. Dozenten haben Erwartungen an ihre Teilnehmer, Teilnehmer erwarten etwas von ihren Dozenten.
Die ganz pragmatische Variante:
- Teilnehmer: Ich will in Ruhe gelassen werden, eher Schluss haben und so schnell wie möglich nach Hause.
- Dozent: Ich will hier mein Geld verdienen und so wenig Probleme wie möglich haben.
Die Idealvariante:
- Teilnehmer: Ich erwarte, dass mir die Dozentin etwas erzählt, das neu für mich ist, und das mir in meiner Arbeitspraxis hilft, meine Aufgaben besser zu bewältigen.
- Dozentin: Es macht mir Freude, diese Weiterbildung zu gestalten, und ich erwarte von den Teilnehmern Fragen aus der Praxis und regen Erfahrungsaustausch. Ich lerne als Dozentin auch viel von meinen Teilnehmern. Das bringe ich auch zum Ausdruck.
Wichtig ist, dass der „psychologische Vertrag“ explizit verhandelt wird: Erwartungen abfragen > Darstellung der vorbereiteten Inhalte > Einigung auf das, was behandelt werden soll und wie das vor sich gehen kann. Bspw. haben Teilnehmer oft schlechte Erfahrungen mit Rollenspielen gemacht, dann sollte man diese nicht forcieren, in manchen Fällen kommt dann nach einigen Tagen genau von diesen Teilnehmern die Frage, ob man das Gelernte nicht mal praktisch ausprobieren könnte. „Praktisch ausprobieren“ oder „Simulation“ oder „Trockenschwimmübung“ sind erfahrungsgemäß bessere Worte für das oft negativ besetzte „Rollenspiel“.
Des Weiteren ist wichtig zu wissen, dass sich Erwartungen im Prozess immer wieder ändern und der „psychologische Vertrag“ deshalb stetig „fortgeschrieben“ bzw. angepasst werden muss. So muss Teilnehmern am Morgen noch nicht zwingend klar sein, was sie genau erwarten oder an welchen Situationen sie arbeiten möchten, aber um die Mittagszeit kommen plötzlich die – dann oft sehr wichtigen – Ideen. Deshalb ist es wichtig, während einer Weiterbildung (insbesondere bei mehrtägigen oder gar mehrwöchigen Weiterbildungen) immer wieder Zwischenfragen zu Erwartungen, zum Lernstand, zur Motivation, zum Stil etc. zu stellen. Wenig hilfreich sind dabei Fragen zur Zufriedenheit (da kommt oft zuerst Kritik, die Dozenten erfahrungsgemäß mehr unter Druck setzt als dass sie hilft), lohnend sind eher Fragen danach, wie hilfreich die bisher besprochenen Inhalte waren, welche Schlussfolgerungen bisher gezogen oder Erkenntnisse gewonnen werden konnten, welche Fragen sich ergeben haben oder was passieren müßte, damit man als Referentin/Dozent hilfreich bleiben kann.
Zurück zu unserer Ausgangsfrage: Was heißt das alles für den Umgang mit „schwierigen“ Weiterbildungsgruppen?
Wenn ein Weiterbildungstag beginnt, und die Teilnehmer zeigen sich nicht offen für das, was auf dem offiziellen Programm steht, heißt das zunächst nur, dass etwas nicht stimmig ist. Die Reaktionen der Teilnehmer als „Widerstand“ zu verstehen, ist zwar üblich, aber der Begriff „Widerstand“ ist trügerisch. Er impliziert, dass „von oben“ etwas vorgegeben wird, und „von unten“ Abwehrreaktionen kommen. Dementsprechend wird die „oben“ stehende Seite die Angelegenheit noch einmal erklären – wie die Sache richtig zu verstehen sei eben. Wie wäre es aber, wenn man „Widerstand“ einfach als eine mögliche Reaktion auffassen würde oder als Zeichen, dass etwas nicht passt? Dann sind die Reagierenden keine „Widerständler“, sondern Partner, die aus verschiedenen – oft ganz verständlichen – Gründen etwas so, wie es gerade beabsichtigt ist, nicht wollen. Wenn man die Reaktionen und die Gründe akzeptiert, kann man sich einigen. Wenn man entsprechende Fragen stellt, wird diese Einigung in der Regel auch gelingen.
„Aber ich habe doch einen Auftrag als Dozent, bestimmte Inhalte zu vermitteln.“, werden jetzt manche entgegnen. Hier ist die Frage, wer denn besser weiß, was in einer Weiterbildung von Nutzen ist – die programmverantwortlichen Manager, die die Weiterbildung organisiert haben, oder die Teilnehmer, die etwas mitnehmen sollen (was ja nur geht, wenn sie es auch wollen)? Wenn wir uns nun als Dozenten darauf einlassen, dass die Sichtweisen und Erwartungen der Teilnehmer wichtig(er) sind, dann müssen wir auch nicht unbedingt an unserem vorbereiteten Programm festhalten. Eine hilfreiche Technik: Wenn wir als Dozenten zwar kompetent vorbereitet sind, selbst aber „gar nichts wollen“ bzw. keine definitiven eigenen Erwartungen an die Weiterbildung und das, was dort passieren soll, haben, dann gelingt es uns besser, uns auf die Weiterbildung einzulassen und hilfreich zu sein. Eine wichtige Frage lautet deshalb zu Beginn der Weiterbildung wie auch in jenen Momenten, da Störungen auftreten: „Wie kann ich hilfreich sein?“
Man wird dann eher zum Moderator als zu jemandem, der etwas mitteilt. Weiterbildungen sind dann gut, wenn sie Entwicklungen und Wissenszuwachs in den Teilnehmern auslösen. Da Erwachsene aber in der Regel selbst entscheiden, was sie lernen wollen, müssen sie dafür offen und motiviert sein. Das sind sie am ehesten, wenn sie den Sinn einer Sache erkennen und durch die Formulierung von Erwartungen ihr Vorwissen und ihre Erfahrungen aktivieren. Wenn die Teilnehmer erst einmal formuliert haben, was sie erwarten, und wenn sie ihre Erfahrungen geschildert haben, kann der Dozent einen Austausch zwischen den Teilnehmern moderieren und an geeigneten Stellen das vorbereitete Wissen einfließen lassen. Auf diese Weise entsteht zunächst eine hilfreiche Beziehung zwischen Teilnehmern und Dozentin bzw. zwischen den Teilnehmern untereinander. So wird auch verhindert, dass Dozenten zu viel von dem erzählen, was die Teilnehmer ggf. schon wissen.
Hilfreich kann Wissensvermittlung nur dann sein, wenn Wissensvermittlung als hilfreich empfunden wird. Dazu ist die Einbeziehung der Erwartungen der Teilnehmer und der Aufbau einer Beziehung zwischen Dozenten und Teilnehmern unerlässlich. Besteht diese Beziehung und findet reger Austausch statt, können Dozenten ihre Inhalte immernoch mitteilen – dann aber mit einer gewissen Sicherheit, dass es die richtigen Inhalte sind und dass diese gern aufgenommen werden. Zunächst nichts zu wollen, die Situation „wachsen“ zu lassen, bis sich die Teilnehmer öffnen, sichert also einen möglichst großen Wissenstransfer und ermöglicht Kompetenzentwicklung. Kompetenz ist die Verbindung aus Wissen und Können und daher schwer greifbar und schon gar nicht „direkt“ oder „frontal“ zu vermitteln. Kompetenzentwicklung passiert durch aktive Auseinandersetzung, praktische Erfahrungen und Reflexion. In einem solchen Setting lernen wir als Dozenten am Ende genauso viel wie die Teilnehmer, manchmal sogar mehr. Das darf man dann auch ruhig zum Ausdruck bringen. Viele Arbeitsbereiche sind heute ohnehin so komplex bzw. die Wissensentwicklung so schnell, dass es illusorisch ist, dass eine einzelne Person in einem spezifischen Gebiet „allumfassend kompetent“ ist. Bei den meisten Weiterbildungen soll ja herauskommen, dass die Teilnehmer im Nachgang idealerweise besser mit Problemen in ihrem Praxisfeld umgehen können. Also ist der praktische „Umgang“, also Diskussion, Anwendung, praktische Erprobung, Reflexion etc. auch ein geeignetes Weiterbildungsformat. Man verliert dabei allerdings den von vielen Dozentinnen und Dozenten geliebten Nimbus des „großen Lehrers“, der sehr viel weiß, kann etc. Man wird dann mehr oder minder zum Partner, der einen möglichst hilfreichen Austausch moderiert und an geeigneten Stellen Wissen oder Übungen einfließen lässt.