Die Arbeitswelt ist im Wandel. Aus einem Arbeitnehmer-Markt ist ein Arbeitgeber-Markt geworden, auf dem zunehmend gilt: „Kein Herz, keine Leistung!“ Ob Menschen engagiert arbeiten und bei einem Unternehmen bleiben, ist zunehmend von eher „weichen“ Faktoren wie Organisationskultur, Werten und Führungsstil abhängig. Den Wettbewerb um engagierte Mitarbeiter gewinnen in Zukunft umso mehr diejenigen Unternehmen, denen es gelingt, einen „positiven Unterschied“ zu machen.
Mit unserer für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen repräsentativen Studie geben wir Unternehmern, Führungskräften und Personalverantwortlichen eine „Landkarte“ derjenigen Faktoren an die Hand, die aus Sicht der Mitarbeiter tatsächlich jenen positiven Unterschied machen.
Wir führen diese Studie seit 2016 alle zwei Jahre in Zusammenarbeit mit den Befragungsexperten von MAS Partners, der Designagentur KOCMOC und den Spezialisten für die Gestaltung von Arbeitswelten design2sense durch.
Im Februar 2020 haben wir dafür 2000 Personen befragt. Da ab März 2020 Corona die Situation in vielen Unternehmen verändert hat (Arbeitsorganisation, Home-Office, Mehrbelastung durch Kinderbetreuung zu Hause usw.) haben wir mitten im Lockdown Ende April/Anfang Mai noch einmal 1220 Personen befragt.
Sie finden hier also nicht nur die Ergebnisse unserer 2020er Befragung zu Themen wie Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterbindung, sondern Sie erhalten auch einen Einblick in die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Zufriedenheit der mitteldeutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
In diesem Beitrag finden Sie die ersten, eher allgemeinen Ergebnisse; in weiteren Beiträgen geht es dann um spannende konkretere Fragen wie zum Beispiel:
- Welchen Einfluss hat die Organisationskultur auf die Stimmung, die Motivation und die Zufriedenheit von Beschäftigten?
- Wie wirkt sich die Art der Unternehmensorganisation (traditionell vs. agil) auf die Wandlungsfähigkeit aus?
- Welchen Einfluss hat die Frage, ob jemand emotional an ein Unternehmen gebunden ist oder nicht?
- Gibt es so etwas wie eine ideale Bürogröße und was lässt sich darüber sagen?
Studiensteckbrief
- Repräsentative Online-Studie mittels CAWI (Computer Aided Web Interview) erhoben
- Quotenstichprobe nach Alter, Geschlecht und Bundesland
- deutschsprachige Bevölkerung zwischen 16–67 Jahren in Privathaushalten
- Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
- Fallzahlen: 2.000 (FEB 2020) + 1.220 (Corona / APR-MAI 2020)
- Zeitraum: 26.02 – 03.03.20 & 29.04 – 06.05.20
Nur jeder Fünfte empfiehlt das eigene Unternehmen weiter
Nur ungefähr ein Drittel aller abhängig Beschäftigten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (36 Prozent) schätzt den eigenen Arbeitgeber als attraktiv für potenzielle Bewerber ein.
Der Anteil derjenigen, die ihren Arbeitgeber aktiv weiterempfehlen, liegt aktuell bei 22 Prozent. 2016 hatte dieser Anteil bei 21 und 2018 immerhin bei 26 Prozent gelegen. 50 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind ihrem Arbeitgeber gegenüber kritisch eingestellt. Das bedeutet, dass sie ihr Unternehmen nicht nur nicht weiterempfehlen, sondern dass sie sich in ihrem Umfeld negativ über ihren Arbeitgeber äußern.
Ein knappes Drittel will wechseln
30 Prozent der mitteldeutschen Arbeitnehmer gaben im Februar 2020 an, ihren Arbeitgeber innerhalb der nächsten zwei Jahre aus eigenem Antrieb wechseln zu wollen (sehr wahrscheinlich: 12 Prozent; wahrscheinlich: 18 Prozent). Damit liegt die Wechselbereitschaft etwas höher als noch 2018 und 2016 (jeweils 27 Prozent).
Etwa ein Drittel (34 Prozent) aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist nicht an Jobangeboten interessiert. Ein weiteres Drittel (31 Prozent) ist nicht an zwar nicht direkt auf Jobsuche, jedoch offen für Angebote. Etwa ein Fünftel (19 Prozent) schaut gelegentlich nach Jobangeboten und jeder Neunte (11 Prozent) bewirbt sich aktiv.
Über alle Branchen hinweg betrachtet, hatte Corona nur einen geringen Einfluss auf die Wechselbereitschaft, die Ende April/Anfang Mai bei 28 Prozent lag. Betrachtet man jedoch einzelne Branchen, so hat sich die Wechselbereitschaft z.T. stark verändert. In der Industrie gaben im Februar noch 38 Prozent der Beschäftigten an, ihren Arbeitgeber wechseln zu wollen. Im April waren es hingegen nur noch 27 Prozent. Im Maschinenbau gab es einen ähnlichen Effekt durch Corona. Der Anteil der Wechselbereiten sank hier von 37 auf 28 Prozent. In der Gesundheits- und Sozialwirtschaft hingegen ist der Anteil der Wechselbereiten durch Corona von 25 Prozent im Februar auf 32 Prozent im April/Mai gestiegen.
Anteil der Zufriedenen bleibt stabil
Gegenwärtig ist in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen etwa die Hälfte aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (52 Prozent) mit ihrem Arbeitgeber zufrieden (40 Prozent) oder sehr zufrieden (12 Prozent). Damit ist der Anteil der Zufriedenen innerhalb der letzten Jahre relativ stabil geblieben.
Vergleicht man die Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber vor Corona (52 Prozent) mit der Zeit im Lockdown (51 Prozent), so gibt es über alle Branchen hinweg betrachtet keine nennenswerten Unterschiede. Innerhalb einzelner Branchen sind die Unterschiede jedoch teilweise recht deutlich. So ist der Anteil der Zufriedenen in der öffentlichen Verwaltung von 45 Prozent im Februar auf 59 Prozent Anfang Mai angestiegen, während sich der Anteil der Zufriedenen im Gesundheitswesen im gleichen Zeitraum von 57 auf 50 Prozent verringert hat.
Neben der generellen Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber messen wir einige „Binnendimensionen“ oder Teilbereiche der Zufriedenheit, nämlich zum Beispiel Zufriedenheit mit der Tätigkeit, den Arbeitsbedingungen, dem Vorgesetzten, den Kollegen, der Belastung, der Bezahlung und den Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen.
Innerhalb des Jobs haben verschiedene Faktoren Einfluss auf die Zufriedenheit. Dabei spielen unter anderem die Arbeitsbedingungen, Belastungen und die Häufigkeit von Besprechungen eine Rolle. Am zufriedensten sind die Arbeitnehmer mit ihrer Tätigkeit (70 Prozent) und ihrem Arbeitsplatz (63 Prozent). Im Vergleich zum Jahr 2018 liegt das größte Defizit immer noch bei den Entwicklungsmöglichkeiten und der Bezahlung.
Schaut man sich die Unzufriedenheit mit der Bezahlung in den einzelnen Branchen etwas genauer an, zeigt sich, dass es durchaus große Unterschiede gibt. Am unglücklichsten sind die Beschäftigen im Bereich Transport, Verkehr & Logistik. Nur etwa jeder Dritte (31 Prozent) ist zufrieden mit seinem Gehalt. Im Jahr 2018 war die größte Unzufriedenheit noch im Handwerk zu verzeichnen. Dort sind aktuell 37 Prozent zufrieden (2018: 21 Prozent). Im Handwerk hat sich also in den letzten zwei Jahren etwas getan. Zu den Top 3 der Branchen mit der höchsten Zufriedenheit zählen der Maschinenbau (60 Prozent), dicht gefolgt von der öffentlichen Verwaltung (54 Prozent) und der IT (53,7 Prozent).
Arbeitsbedingungen und Belastung
Über alle Branchen hinweg sehen 25 Prozent der mitteldeutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Corona eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen — gegenüber 14 Prozent, für die sich die Arbeitsbedingungen verbessert haben. 38 Prozent der im Bildungssektor Tätigen meinen, dass sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert haben, während dies im Handel 33 Prozent der Beschäftigten und 32 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen meinen. In der Landwirtschaft beträgt der Anteil derjenigen, für die sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert haben, sogar 43 Prozent.
In der öffentlichen Verwaltung meinen hingegen 29 Prozent der Mitarbeiter, dass sich die Arbeitsbedingungen während der Corona-Krise verbessert haben, allerdings meinen hier ebenfalls 29 Prozent, dass sich die Effizienz der Zusammenarbeit im Team verschlechtert hat, und 28 Prozent meinen, dass sich die Qualität der Arbeitsergebnisse verschlechtert hat.
Einen ähnlichen Trend konnten wir in Bezug auf die Arbeitsbelastung feststellen. Über alle Branchen hinweg betrachtet hat sich die Arbeitsbelastung für 24 Prozent der Befragten durch Corona erhöht, während sich die Belastung für 17 Prozent verringert hat. Immerhin 38 Prozent der im Gesundheitswesen Tätigen meinen, dass die Arbeitsbelastung in ihrer Branche gestiegen ist — gegenüber 19 Prozent, die angeben, dass sich die Arbeitsbedingungen verbessert haben. In der Industrie sehen 17 Prozent der Beschäftigten eine Erhöhung der Arbeitsbelastung, während 10 Prozent meinen, dass sich die Arbeitsbelastung verringert hat. In der Energieversorgung meinen sogar 63 Prozent der Befragten, dass sich die Arbeitsbelastung erhöht hat, während nur 12 Prozent angeben, dass sich die Arbeitsbelastung verringert hat.
Die, wenn man das im Zusammenhang mit Corona überhaupt so sagen darf, insgesamt positivsten Effekte lassen sich in der IT-Branche beobachten. Hier meinen 27 Prozent der Beschäftigten, dass sich die Arbeitsbedingungen verbessert haben, und 28 Prozent sind der Ansicht, dass sich die Arbeitsbelastung durch Corona verringert hat.