Es ist besser, sich zu trennen – oder?
Fragt man Menschen, wo ihr Partner oder ihre Partnerin ist, schauen sie in der Regel in Richtung der betreffenden Person. Wenn man aber dann fragt, wo ihr Herz ist, geht der Blick oft in eine andere Richtung. Manche behaupten, dass die meisten von uns nicht mit dem Menschen zusammen sind, den sie lieben. Warum so viel Quälerei, könnte man fragen – und schlussfolgern, dass es in vielen Fällen besser sei, sich zu trennen. Trennungen nehmen ja auch zu, die „mittlere Verweildauer“ in Beziehungen sinkt, die Scheidungsrate ist jahrzehntelang gestiegen, der Anteil der Singlehaushalte nimmt weiter zu. Irgendwie wird das alles möglicher, und in der Regel geht es einem nach einer – oft längst überfälligen – Trennung ja auch besser.
Der fehlende Maßstab
Ein Mensch ändert sich nicht, weil ihn sein Partner dazu drängt. Er ändert sich höchstens selbst. Die Hoffnung, dass die Beziehung besser würde, wenn sich die oder der jeweils andere nur ein wenig ändere, geht also fehl. Man kann Änderungen nur bei sich selbst hervorrufen – oder weiter leiden oder sich trennen. Aber wie soll man feststellen, ob man zu sehr leidet, oder ob die Beziehung noch eine Chance hat?
Zur Klärung dieser Frage ist ein Maßstab notwendig. Es geht um Gefühle, Gedanken und Moral. Etwas kann gefühlt richtig, moralisch aber falsch sein und umgekehrt. Die meisten konkreten Situationen liegen irgendwo dazwischen. Wenn die Gedanken die richtigen sind, folgen irgendwann auch die Gefühle. Die Geduld dazu haben allerdings nur wenige. Andererseits werden selbst intensivste Gefühle eine „Halbwertszeit“ besitzen, wenn eine Beziehung allein auf Gefühlen beruht.
Auf der einen Seite des Maßstabs steht der Satz: „Man kann sich nur soweit biegen, bis man bricht.“ Das bedeutet, dass man in einer Beziehung so sehr leiden kann, dass man traurig wird, sich klein fühlt und mit der Zeit verbittert. Es gibt sehr wohl Beziehungen, unter denen die Beteiligten fast ausschließlich leiden. Wenn das Leid zu groß wird, sollte man sich trennen. Die Frage lautet allerdings, wo „biegen“ aufhört und „brechen“ beginnt. Klar ist, dass niemand an einer Beziehung zerbrechen soll. Manche Beziehungen sind so zerrüttet, dass es für alle Beteiligten (einschließlich der ggf. aus der Beziehung hervorgegangenen Kinder) besser wäre, wenn man sich trennte. Interessant ist nun die Frage, was am anderen Ende des Maßstabs steht. Am Ende dieses kurzen Buches werden Sie eine praktische Entscheidungshilfe in der Hand halten zu der Frage, wann man sich besser trennen sollte, und wann es sich lohnt, nicht aufzugeben und es noch einmal zu probieren.
Vom freien Individuum zum „offenen Selbst“
Wir haben es heute wesentlich leichter, uns zu trennen, als noch vor wenigen Jahrzehnten. Die entsprechenden Konventionen wurden weitgehend marginalisiert oder ganz abgeschafft. Nur noch wenige sind derart in kollektiven Konventionen – etwa sehr konservativen Kirchgemeinden – verankert, dass eine Trennung unmöglich erscheint und man lieber Krankheitssymptome in Kauf nimmt, als zu gehen. Allerdings hat der – zunächst als Befreiung empfundene – Abbau von Traditionen und Regeln nicht nur zu einer Befreiung geführt. Wenn man kollektiv verbindliche Konventionen abschafft, lösen sich die Orientierungen einer Gesellschaft auf – oder werden „vielfältig“ oder „divers“, wie man das heute gern bezeichnet. An die Stelle eines großen Maßstabs treten viele unterschiedliche Maßstäbe.
Die Individualisierung ist in westlichen Kulturen, einschließlich der deutschen, so weit fortgeschritten, dass das Individuum mehr oder minder zum Maßstab des Handelns geworden ist. Ich prüfe nicht mehr an gesellschaftlichen Konventionen, ob ich etwas tue oder nicht, sondern ich prüfe das aufgrund meiner eigenen Belange, Werte, Maßstäbe usw. Das bedeutet, dass Dinge, die früher „selbstverständlich“ (also: nicht hinterfragbar) durch Glaube und Kultur geregelt waren (wie man in der Öffentlichkeit auftritt, wie Beziehungen angebahnt werden, wie man sich in Ehen verhält, wie man sich kleidet, wie man grüßt etc.), heute individuell entschieden werden. Das wird als Freiheit empfunden.
Aber gerade durch das weitgehende Fehlen von Konventionen und die damit verbundene Freiheit, die meisten Dinge des Lebens selbst zu entscheiden, liegt das „Selbst“ heutiger Menschen viel offener, als das bei früheren Menschen der Fall war. Positiv formuliert fügt man sich weniger selbstverständlich in sein Schicksal, sondern nimmt das Wohl und Wehe des eigenen Lebens mehr und mehr selbst in die Hand. Man handelt quasi freier.
Die Abschaffung jener einengenden Konventionen bedeutet mehr Freiheit für das Individuum. Doch ich beobachte nur wenige wirklich freie Menschen, sondern paradoxerweise vor allem neue Formen der Abhängigkeit. Zwar tun viele Menschen so, als wären sie frei, besitzen aber eigentlich keine geeigneten Entscheidungsgrundlagen (Werte, Glaubenssätze usw.). Vielmehr orientieren sie sich nach wie vor an kollektiv hergestellten Maßstäben – nur dass die Maßstäbe heute nicht mehr „größer sind als wir“ (Glaube, Ideologien, Herrscher o.ä.), sondern viele „freie“ Individuen in sozialen Netzwerken gemeinsam an „Trends“ basteln. Das heißt, wir schaffen uns unsere Orientierungen selbst – und das nicht vermittels eines auf das Gemeinwohl gerichteten, mehr oder minder kollektiv verbindlichen Programms, sondern durch das, was man tut, wenn man eigentlich nicht weiß, was man tun soll oder will: Man schaut dann vor allem, was die anderen machen.
Allein der Umstand, frei zu sein, heißt noch nicht, mit dieser Freiheit auch umgehen zu können. Das würde implizieren, dass man sich mit Werten, Glaubenssätzen, Maßstäben für das eigene Handeln usw. tatsächlich auseinandersetzt. Tut man das nicht, ist man zwar scheinbar frei, wird aber – weitgehend unbemerkt – umso abhängiger von der Beobachtung anderer – und in der Folge auch von der Bestätigung anderer für das, was man sich in seiner vermeintlichen Freiheit durch eben jene Beobachtung „ausgesucht“ hat zu sein oder zu tun.
Das mündet in eine neue Form der Unfreiheit, nämlich in das Getriebensein zur ständigen Zurschaustellung des eigenen Lebens. Die Macher der heute populären sozialen Netzwerke haben quasi nur die Plattform für diesen aus dem Drang zur „freien“ Entfaltung des Selbst resultierenden Zwang zur Selbstdarstellung geschaffen. Wird diese Selbstdarstellung aber nicht bestätigt, geraten die Träger solcher „offenen Selbste“ in veritable Krisen.
Falsch verstandene Freiheit
Die Ursache liegt meines Erachtens in einem weithin falschen oder mindestens unvollständigen Verständnis von Freiheit. Wir verstehen Freiheit gern als Freiheit von etwas. Wenn ein Umstand zu sehr einschränkt, klein macht, leiden lässt, dann darf man diese Konstellationen verlassen. Wenn man in einer Beziehung lebt, die einen krank macht, dann kann man gehen. Wenn man in einer Firma arbeitet, deren Chef einen immer wieder klein macht, einem sagt, dass man nur da sei, weil man nichts anderes finde, und deshalb froh sein solle, dass man da sein dürfe und dafür auch noch Geld bekomme, dann kann – und sollte – man gehen. Man muss solche Dinge nicht ertragen, und es ist kein Zeichen persönlicher Reife, solche Umstände jahrzehntelang zu ertragen und dies auch noch als Ausweis des eigenen Durchhaltevermögens oder des eigenen Erwachsenseins zu verkaufen.
Aber Freiheit von etwas ist nicht genug. Wenn ich erdrückende Umstände verlassen habe, weiß ich noch nicht, wer ich bin und was ich will. Ertrage ich mich, wie ich bin? Finde ich mich „gut“ so, wie ich bin? Kann ich Freiheit tatsächlich annehmen? Bin ich reif genug? „Freiheit von“ reicht nicht aus, es gehört auch eine „Freiheit zu“ dazu, also eine Art Selbstbindung. Hier liegt der Hase im Pfeffer: Viele von uns sind sehr wohl in der Lage, die heute vorhandene Freiheit und die Vielfalt der Möglichkeiten im Sinne einer „Freiheit von“ zu nutzen. Man kann immer gehen, man kann sich neu erfinden, ein neues Leben beginnen usw. Dass dies aber auch mit einem gänzlich anderen Maß an Verantwortung verbunden ist, leuchtet praktisch nur wenigen ein. Denn die Freiheit von den bisher geltenden Konventionen bedeutet letztlich eine deutlich höhere individuelle Verantwortung.
Wenn es Konventionen gibt, sind die Wahlmöglichkeiten eingeschränkt. Dann bedeutet ein gradueller Abbau von Konventionen eine Befreiung – und wird auch als solche empfunden. Bin ich aber vergleichsweise frei und nur an verhältnismäßig wenige Konventionen gebunden, kann ich vieles selbst entscheiden – mit wem ich eine Beziehung eingehe, ob und wann ich heirate, ob ich Kinder möchte, welchen Beruf ich ergreife, ob ich Karriere machen will oder nicht, ob ich viele oder wenige Freundschaften pflege usw. Diese Entscheidungen treffe ich – aber wie? Einfach so? Wie begründe ich diese Entscheidungen? Mit meinen Bedürfnissen, meiner momentanen Stimmung oder anhand der Frage, was mir gut tut? Nun, all diese Dinge liegen nahe, und schaut man in die sozialen Netzwerke, dann findet man viele Varianten genau dieser Art von Begründungen: „Du sollst im Leben Freude haben. Vermeide, was Dich nicht zum Lachen bringt. Beziehungen passen oder passen nicht. Wenn es nicht passt, leidest Du. Das Leben ist aber zu kurz, um zu leiden. Also trenne Dich von allem, was keine Freude macht.“
An was binden wir uns?
Aber reichen solche Begründungen aus? Wie legen wir die Maßstäbe unseres Handelns fest, wenn wir nur uns selbst als Maßstab haben, wenn die eigenen Bedürfnisse oder gar die Stimmung zum Maßstab werden? Oder wenn die Anzahl von Herzen oder „Daumen hoch“ in sozialen Netzwerken zu einem bestimmenden Element der Ich-Konstruktion werden? Der Satz „Die Beziehung soll mir gut tun.“ klingt als Maßstab einer einzelnen Person vielleicht geeignet – aber wo führt das hin? Bedeutet dieser Satz nicht eine Überforderung der Partnerin oder des Partners? Und sichert man sich zwar mit diesem „soll mir gut tun“ nicht einerseits eine Art von individueller Kontrolle über die Beziehung – macht sich aber andererseits von von einem Beziehungsideal abhängig, das de facto nur schwer zu erreichen ist? Denn was heißt „gut“? So lange ich das allein bestimme, bleibe ich einsam. Und mein Gegenüber bleibt damit auch allein, wenn wir nicht darüber reden, was uns verbindet, und an welchen Maßstäben wir das Wohl und Wehe – eben jenes „gut“ oder „nicht gut“ – unserer Verbindung messen wollen. Denn ohne dieses Messen wird es nicht gehen – keine Beziehung bleibt ohne Konflikte und über längere Zeit auch nicht ohne Verantwortung füreinander. Wie sonst sollte man Kinder großziehen, Alltag ertragen oder füreinander sorgen, wenn einer krank ist?
Handlungen werden sinnlos, wenn sie nur einen Selbstzweck haben
Indem das Individuum zum Maßstab wird, rückt das Gemeinsame, das Verbindende, das, was größer ist als die einzelne Person, immer mehr in den Hintergrund. Man beginnt, Ansprüche in einer beinahe selbstverständlichen Weise zu formulieren: „Dieses oder jenes steht mir zu. Es ist mein Recht, dieses oder jenes einzufordern.“ Wenn ich nur noch mich als Maßstab habe, werde ich gleichsam zum Zentrum meiner Welt, und wir geraten in einen Konkurrenzkampf der Ansprüche, ohne dass es etwas Gemeinsames gäbe, an dessen Belangen wir verhandeln und feststellen könnten, welche Ansprüche legitim sind oder nicht.
Wenn das Individuum die letzte Orientierungsgröße ist, sind Ansprüche nicht mehr verhandelbar, sondern absolut. Handlungen geraten dann zunehmend zum Selbstzweck und werden genau dadurch mit der Zeit sinnlos – denn wozu betreibe ich jene Aktivitäten, die MICH im Zentrum haben? Für die Anerkennung der anderen? Um das Leben zu genießen? Um Sinn zu erfahren?
„Gut tun“ erscheint als Maßstab sehr wohl geeignet, aber nur, wenn wir den Maßstab gemeinsam bestimmen, nicht jeder für sich: „In der Beziehung sollten wir uns gut tun.“, könnte ein hilfreicher Satz lauten, denn die Handlungsmaßstäbe ergeben sich dann aus der Beziehung und nicht aus der einzelnen Person. Sonst bliebe ich ja „in der Beziehung allein“ – meine Beziehung wäre dann eine Art „Freizeitkollektiv“. Mit mir zu leben, hieße dann, eigentlich allein zu bleiben.
Ich unterstelle, dass es viele solcher Beziehungen gibt. Wenn ich meinen Job wechsele und für diesen Job in eine andere Stadt ziehe, bleibe ich noch eine Weile in einer Fernbeziehung, aber früher oder später – ich rede hier vom statistisch häufigen Fall, nicht von der gelingenden Ausnahme – werde ich jemandem begegnen, und ich werde mich trennen. Soziologen haben diesen Trend seit den Sechziger Jahren beobachtet, und es steht nicht zu erwarten, dass er nachlässt, im Gegenteil: Die vielen Beziehungsanbahnungsapps tragen ihren Teil dazu bei, dass sich die Menschen trotz einer wachsenden Anzahl von Singlehaushalten nicht allein fühlen müssen.
Nun ist es sicher unzulässig, alle Beziehungen über einen Kamm zu scheren. Ich möchte den Leser nur bitten, sich einmal so ein „Freizeitkollektiv“ vorzustellen. Während der Woche gehen die beiden ihren jeweiligen Jobs nach, schreiben sich gegenseitig Nachrichten, holen sich hier und da ein bißchen Unterstützung oder Verständnis beim anderen ab und planen das Wochenende. Dann reist einer der beiden an und man verbringt ein entspanntes Wochenende miteinander. Am Sonntag reist man wieder ab. Der Fokus liegt auf gemeinsamen Interessen – man bleibt unabhängig, tut sich gegenseitig gut, hat Sex – und allerwichtigstens: man bleibt füreinander „spannend“ und „interessant“. Das Problem: braucht man auf Dauer Unterstützung oder verändert sich einer der beiden etwas stärker, lassen Spannung und Interesse schnell nach. Ich muss dann überlegen, ob „ich“ das „für mich“ noch möchte. Und so weiter. Fallen Ihnen ein paar Beispiele ein?
Freilich kann man so leben und leben viele Menschen so. Das möchte ich auch nicht infrage stellen. Was ich jedoch deutlich machen möchte, ist der Umstand, dass viele so lebende Menschen eigentlich allein leben, dass sie ihre Handlungen mehr oder weniger nur an sich selbst, ihren Motiven und Erwartungen ausrichten, und dass Beziehungen nur so lange funktionieren, wie sie dem jeweiligen „mir“ gut tun. Damit werden Beziehungen zur Freundschaft und verlieren den Charakter jenes mehr oder weniger bedingungslosen Vertrauens, das viele dennoch in Beziehungen suchen – und das, so möchte ich meinen, auch notwendig ist, wenn man sich für lange Zeit aufeinander verlassen will und gemeinsam Verantwortung tragen will. Dieser Wille zur gemeinsamen Verantwortung und dieser „Schutzraum“ des Vertrauens sind die Basis, die Partner befähigt, auch Hürden, längere Durststrecken, Unterstützung im Krankheitsfalle usw. zu bewältigen. Wird Liebe zur „billigen“ Freundschaft, geht diese Basis verloren, werden Vertrauen und Verantwortung abhängig von individuellen Bedingungen.
Im Falle der „Freizeitkollektive“ liegt der Sinn der Handlungen nicht mehr im Gegenüber oder im Gemeinsamen, sondern nur noch beim Individuum. Eine Handlung, die jedoch nur den Selbstzweck des handelnden Individuums verfolgt – extrem formuliert: „Ich bin mit Dir zusammen, damit Du mir gut tust.“ – verliert ihren Sinn, denn der Sinn von Handlungen liegt immer in der Reaktion des Gegenübers. Wenn das Gegenüber zum „Sinnerfüllungsgehilfen“ reduziert wird, bleiben beide allein.
Wozu wollen wir frei sein?
Wenn wir an Konventionen denken, dann fallen uns vor allem Beispiele für ihre Auflösung ein: Weder spielen die Kirchen heute mehr eine entscheidende Rolle, noch haben andere Institutionen heute mehr die Macht, die sie noch vor wenigen Jahrzehnten hatten. Das Vertrauen in Institutionen nimmt ab und Regeln werden hinterfragbarer (und damit „beklagbarer“), wie ich gemeinsam mit Benjamin Zips in unserem letzten Buch „Die Kultur der Hinterfragung“ dargelegt habe.
Eine der zentralen Fragen unserer Zeit lautet deshalb, was wir größer sein lassen (wollen), als wir selbst es sind. Musste ein Individuum in vergangenen Zeiten oft einen sehr hohen Preis für das Verlassen des durch die Konventionen bestimmten Handlungsspielraums bezahlen, so ist das Individuum heute mehr oder weniger zum Maßstab des Handelns geworden. Allerdings, so lauteten unsere Bedenken, nutzen die meisten Menschen ihre Freiheit nur im Sinne einer „Freiheit von“ und nicht im Sinne einer „Freiheit zu“, die mit einem wesentlich höheren Maß an individueller Verantwortung verbunden ist.
Auch wenn es heute weniger kollektiv verbindliche Konventionen gibt als in der alten Bundesrepublik oder in der DDR – verschwunden sind sie dennoch nicht. Ihre Bindungskraft hat nachgelassen, und das Individuum ist in vielen Lebensbereichen zur entscheidenden Instanz geworden. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir uns heute nicht mehr an Konventionen binden können. Waren die Konventionen früher mehr oder weniger gegeben und an Herrschaft gebunden, ist heute eher die Frage, an was wir uns binden wollen. Wir sind heute vor allem „frei von“, aber wir wissen in der Regel nicht so genau, wozu wir frei sein wollen.
Im Grunde braucht jedes Handeln eine Hoffnung. In Bezug auf Beziehungen müssten sich die Beteiligten also die Frage stellen, wozu sie eine Beziehung eingehen. Es ginge also darum, sich die damit verbundenen Hoffnungen bewusst zu machen und zu erkennen, um was es sich wirklich handelt. Was will ich? Was willst Du? Warum bin ich mit Dir zusammen? Brauche ich Dich? Wenn ja, wofür „brauche“ ich Dich? Was wollen „wir“? Woraus besteht dieses Wir?
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Alles Weitere lesen Sie in meinem neuen Buch „Liebe ist eine Entscheidung“, das im März 2020 erscheint.
Jörg Heidig