Psychologie der Angebotsgestaltung

In einem Trai­ning zum The­ma »Psy­cho­lo­gie der Ange­bots­ge­stal­tung und der Preis­ver­hand­lung« ging es zunächst um die Fra­ge, was die Psy­cho­lo­gie über Prei­se zu sagen hat, wie wich­tig Prei­se bei Ent­schei­dun­gen eigent­lich sind, wel­che Tricks es bei der Preis­ge­stal­tung gibt und wie Preis­ver­hand­lun­gen ggf. bes­ser funk­tio­nie­ren. Zwei­tens ging es um die Fra­ge der »psy­cho­lo­gisch güns­ti­gen« Gestal­tung von Angeboten.

»Psy­cho­lo­gisch güns­tig« steht letzt­lich für die Fra­ge, wie Sie ein Ange­bot so stri­cken, dass es den Erwar­tun­gen und Wahr­neh­mun­gen des Gegen­übers einer­seits opti­mal ent­ge­gen­kommt, sie oder ihn aber ande­rer­seits auch über­rascht und begeis­tert. Main­stream kön­nen vie­le, und die meis­ten Ange­bo­te sehen dem­entspre­chend aus: Oben Logo und Kopf, der Text beginnt mit »Sehr geehr­te Damen und Her­ren, wir bedan­ken uns für Ihre Anfra­ge und das soeben geführ­te Tele­fo­nat. Fol­gen­des Ange­bot möch­ten wir Ihnen unter­brei­ten…« Dann folgt die Spe­zi­fi­ka­ti­on, und am Ende steht der Preis. Mit freund­li­chen Grü­ßen, Unter­schrift, fer­tig. So weit, so nor­mal. Man kann das so machen, und man wird damit auch eini­gen Erfolg haben, wenn die Pro­duk­te oder Leis­tun­gen, die man anbie­tet, stim­men bzw. den Erwar­tun­gen ent­spre­chen. Es gibt auch Bran­chen, in denen es nur nach Preis geht. Wenn man sich die­sen Kämp­fen aus­setzt, wächst der Druck, unter dem man selbst bzw. das Unter­neh­men steht. Zumin­dest berich­ten das vie­le Füh­rungs­kräf­te, mit denen ich spre­che. Die Fra­ge ist hier, wie das Unter­neh­men, für das Sie arbei­ten, wach­sen möch­te. Rei­nes Umsatz­wachs­tum kann sich recht schnell als Fal­le oder »Druck­sze­na­rio« erwei­sen. Kürz­lich erzähl­te mir ein Geschäfts­füh­rer die fol­gen­de, in man­chen »schnell­dre­hen­den« Bran­chen gar nicht sel­te­ne Geschichte:

»Das Unter­neh­men ist über die Jah­re so stark gewach­sen, dass wir unfle­xi­bel gewor­den sind. Anfangs waren wir sehr kun­den­ori­en­tiert. Dann sind wir jedoch groß gewor­den, hat­ten dop­pelt so viel Umsatz. Dadurch sind wir fast nicht mehr fle­xi­bel gewe­sen. Wir haben alles Mög­li­che gehabt, Umwelt­ma­nage­ment, Arbeits-dings-Manage­ment­sys­tem, das ist dann aber alles nur noch schmü­cken­des Bei­werk gewe­sen. Es hat sich kei­ner mehr mit dem Her­zen dahin­ter geklemmt. Wir waren zu einem Unter­neh­men unter einer gan­zen Anzahl gro­ßer Unter­neh­men gewor­den. Und da ging es dann nur noch um den Preis. Bei dop­pelt so viel Umsatz ist genau­so viel übrig geblie­ben wie vor dem star­ken Wachstum.«

Man muss nicht zwin­gend in die­se »Müh­le« des Preis­wett­be­werbs ein­stei­gen. Man­che wer­den jetzt fra­gen, was sie sonst machen sol­len. Ich fra­ge in sol­chen Situa­tio­nen ger­ne zurück: »Wenn sich nichts ändert und alles so wei­ter­geht, wie es jetzt läuft: wie lan­ge machen Sie das? Was pas­siert lang­fris­tig, wenn sich nichts ändert? Was macht das mit Ihnen, mit Ihren Mit­ar­bei­tern, mit Ihrem Unternehmen?«

Neben den manch­mal not­wen­di­gen stra­te­gi­schen Ände­run­gen, die oft schwie­ri­ger sind und um die es hier jetzt nicht gehen soll, gibt es auch ganz ein­fa­che Mit­tel, um sich abzu­gren­zen. Hier eini­ge Ideen zur posi­ti­ven Abgren­zung auf dem Markt:

Die ers­te Fra­ge ist, wel­chen Ein­druck Ihr Kun­de von Ihnen gewin­nen soll. Erscheint Ihr Unter­neh­men als eines, das für Geld alles macht? Oder erzäh­len Ihre Ange­bo­te neben dem, was ohne­hin drin­ste­hen muss, auch Geschich­ten über das Unter­neh­men, viel­leicht Geschich­ten über Kom­pe­tenz, über ste­ti­ge Ver­bes­se­rung, über die Lösung von Pro­ble­men im Sin­ne des Kunden?

Es geht dabei nicht dar­um, direk­te Image-Aus­sa­gen ein­zu­fü­gen. Es geht eher dar­um, Bil­der zu prä­sen­tie­ren oder Geschich­ten zu erzäh­len, die bei Ihrem Gegen­über eine gewis­se emo­tio­na­le Spur zu hin­ter­las­sen. Sie sol­len das Rad nicht neu erfin­den und »nie dage­we­se­ne« Ange­bo­te schrei­ben. Sie sol­len auch nicht alles ver­ges­sen, was Sie über Ange­bo­te wis­sen. Es geht eher um den einen krea­ti­ven Schritt neben die Schnell­stra­ße des Main­streams. Wenn es ein­fach wäre, könn­te es jeder, des­halb machen ja so vie­le Men­schen ganz ähn­li­che Din­ge. Trau­en Sie sich, bes­ser zuzu­hö­ren, ein­mal mehr anzu­ru­fen und nach­zu­fra­gen, eine posi­ti­ve Bezie­hung auf­zu­bau­en, Geschich­ten zu erzäh­len, auch mal Gren­zen zu setzen.

Men­schen, die Ange­bo­te erhal­ten, bekom­men meis­tens meh­re­re oder sogar vie­le Ange­bo­te. Man kann also von einer gewis­sen Rou­ti­ne oder sogar Lan­ge­wei­le beim Lesen aus­ge­hen. Macht man das über län­ge­re Zeit, wird man immer schnel­ler und ent­wi­ckelt dafür eine Art »redu­zie­ren­des Such­mus­ter«, bspw. ach­tet jemand nur noch auf den Gesamt­ein­druck des Ange­bots (»seri­ös«) und den Preis. Sie soll­ten des­halb bei der Ange­bots­ge­stal­tung einer­seits den Wahr­neh­mungs­ge­wohn­hei­ten Ihres Gegen­übers so gut wie mög­lich ent­ge­gen­kom­men und ihn ande­rer­seits auch über­ra­schen, bei­spiels­wei­se durch eine Zusam­men­fas­sung oder Über­sicht der wich­tigs­ten Aspek­te auf der ers­ten Sei­te. Wenn die ers­te Sei­te bzw. das Deck­blatt nichts ande­res ent­hält als das, was dem Leser am wich­tigs­ten ist (das Sie vor­her erfra­gen kön­nen), dann sticht Ihr Ange­bot aus der Mas­se her­aus UND kommt dem Leser ent­ge­gen. Auf einen Blick kann so sehr schnell erfasst wer­den, was wirk­lich wich­tig ist, beispielsweise:

  • Grob­be­schrei­bung in Schlagworten
  • Qua­li­täts­ni­veau
  • Lie­fer­zeit
  • Preis

Lie­fern Sie eine Zusam­men­fas­sung der wich­tigs­ten Punk­te am Anfang des Ange­bots als Über­sicht. Erfra­gen Sie vor­her, wel­che Kri­te­ri­en wich­tig sind. Hören Sie gut zu und gestal­ten Sie die ers­te Sei­te als »per­fek­te Ant­wort« auf die Bedürf­nis­se des Kunden.

Gehen Sie nicht davon aus, dass sich jemand, der Ihr Ange­bot liest, von sich aus genau­er mit Ihrem Unter­neh­men beschäf­tigt. Hel­fen Sie ihm lie­ber, das zu tun, indem Sie ent­spre­chen­de Infor­ma­tio­nen in Ihr Ange­bot inte­grie­ren. Fra­gen Sie sich, wel­ches Image Sie bewir­ken möch­ten. Die Regel Num­mer 1 lau­tet dabei: Behaup­ten Sie nicht, was Ihr Unter­neh­men alles kann und leis­tet, son­dern erzäh­len Sie Geschich­ten – oder noch bes­ser: las­sen Sie Bil­der oder Kun­den spre­chen! Benen­nen Sie nicht Ihre Allein­stel­lungs­merk­ma­le, son­dern erzäh­len Sie Geschich­ten, die das sym­bo­li­sie­ren, oder las­sen Sie einen Kun­den als Refe­renz, idea­ler­wei­se mit einem Bild, über Sie spre­chen. Sie haben hier unter ande­rem die fol­gen­den Gestaltungsmöglichkeiten:

  • Allein­stel­lungs­merk­ma­le in Bil­dern ausgedrückt
  • Refe­renz­lis­te mit Kun­den (ggf. bran­chen­spe­zi­fisch zusammengestellt)
  • Zita­te von zufrie­de­nen Kunden
  • Bil­der von Kun­den, die Ihre Pro­duk­te oder Leis­tun­gen ver­wen­den (bspw. ein Inge­nieur aus einem Werk des Kun­den, in dem Ihre Pro­duk­te eine Rol­le spie­len, vor einer Anla­ge, ggf. sogar mit einem Zitat über Ihre Produkte)
  • Tech­ni­sche Spezifikation/das eigent­li­che Ange­bot: Lie­fern Sie auch hier direk­te Ant­wor­ten auf das, was Sie vom Kun­den als Fra­ge gehört haben. (Gestal­tungs­va­ri­an­ten: Detail­lie­rungs­grad, dicke Prei­se, dün­ne Prei­se, teu­re­re Ein­zel­ein­hei­ten plus kos­ten­lo­se Zusatz­leis­tun­gen schaf­fen einen höher wahr­ge­nom­me­nen Wert des Pro­duk­tes bzw. der Leis­tung selbst etc.)

Jörg Hei­dig

Von Jörg Heidig

Dr. Jörg Heidig, Jahrgang 1974, ist Organisationspsychologe, spezialisiert vor allem auf Einsatzorganisationen (Feuerwehr: www.feuerwehrcoach.org, Rettungsdienst, Polizei) und weitere Organisationsformen, die unter 24-Stunden-Bedingungen funktionieren müssen (bspw. Pflegeheime, viele Fabriken). Er war selbst mehrere Jahre im Auslandseinsatz auf dem Balkan und hat Ende der 90er Jahre in Görlitz Kommunikationspsychologie studiert. Er schreibt regelmäßig über seine Arbeit (www.prozesspsychologen.de/blog/) und hat eine Reihe von Büchern veröffentlicht, darunter u.a. "Gesprächsführung im Jobcenter" oder "Die Kultur der Hinterfragung: Die Dekadenz unserer Kommunikation und ihre Folgen" (gemeinsam mit Dr. Benjamin Zips). Dr. Heidig lebt in der Lausitz und begleitet den Strukturwandel in seiner Heimat gemeinsam mit Stefan Bischoff von MAS Partners mit dem Lausitz-Monitor, einer regelmäßig stattfindenden Bevölkerungsbefragung (www.lausitz-monitor.de). In jüngster Zeit hat Jörg Heidig gemeinsam mit Viktoria Klemm und weiteren Kolleginnen im Landkreis Görlitz einen Familienhilfe-Träger aufgebaut. Dr. Heidig spricht neben seiner Muttersprache fließend Englisch und Bosnisch/Serbisch/Kroatisch sowie Russisch. Er ist an der Landesfeuerwehrschule des Freistaates Sachsen in Nardt und an mehreren Universitäten und Hochschulen als Lehrbeauftragter tätig, darunter an der Hochschule der Sächsischen Polizei und an der Dresden International University. Sie erreichen Dr. Heidig unter der Rufnummer 0174 68 55 023.